Viagra könnte auch zur Behandlung von Krebs dienen

Deutsche Wissenschaftler haben zeigen können, dass Viagra bei Mäusen mit einem schwarzen Melanom lebensverlängernd wirkt

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Das Potenzmittel Viagra scheint nicht nur dem müden Mann neue Kraft beim Sex zu verleihen, der Wirkstoff Sildenafil könnte auch dem Kampf gegen Krebs dienen. Viele Tumoren rufen chronische Entzündungen hervor, die wiederum die gezielten Angriffe des Immunsystems gegen den Krebs unterdrücken. Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum und der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg haben unter Leitung des Immunologen Viktor Umansky nachgewiesen, dass Viagra bei krebskranken Mäusen das Immunsystem gegen Krebs stärkt. Mäuse, die das Medikament erhielten, lebten doppelt so lange wie die Mäuse der Versuchsgruppe. Das wird den Hersteller Pfizer freuen, die Wissenschaftler haben zumindest bekundet, dass kein Interessenskonflikt besteht.

In der Studie, die in den Proceedings of the National Academy of Science erschienen ist, wird berichtet, dass die Überlebenszeit von Mäusen mit einem dem Melanom ähnlichen Hautkrebs um das Doppelte verlängert werden konnte. Dabei handelte es sich um den schwarzen Hautkrebs, ein Melanom, das mit zu den tödlichsten Krebsarten beim Menschen zählt. Das Melanom der Mäuse sei dem, das bei Menschen auftritt sehr ähnlich.

Sildafenil greift allerdings nicht den Tumor an, es stärkt auch nicht direkt das Immunsystem, aber es scheint den Trick von Tumoren unterlaufen zu können, durch chronische Entzündungen das Immunsystem lahmzulegen. Die vom Tumor stimulierten entzündlichen Botenstoffen wie Interleukin-1-β oder Interferon-γ ziehen mds-Zellen (myeloid derived suppressor cells) an, so Umansky, die wiederum T-Zellen deaktivieren, die für die Bekämpfung von Krebs wichtig sind. Diesen Mechanismus, mit dem sich Tumore schützen, scheint Viagra abstellen zu können, zudem würden die sie auch kleiner werden: "Von den Mäusen, die den Wirkstoff mit dem Trinkwasser erhielten, lebten nach rund sieben Wochen mehr als doppelt so viele wie von ihren untherapierten Artgenossen. In den behandelten Tieren hatte sich tatsächlich sowohl die Anzahl der krebsspezifischen T-Zellen als auch die Menge der Aktivierungsmoleküle wieder normalisiert - Sildenafil neutralisiert also erfolgreich die chronische Entzündung in der Umgebung des Melanoms und bekämpft die immunsupprimierende Wirkung der mds-Zellen", so die Wissenschaftler.

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mds-Zellen (myeloid derived suppressor cells) unterdrücken die krebsspezifische Immunreaktion. Bild: Dr. Alexandra Sevko, Deutsches Krebsforschungszentrum

Ob das auch beim Menschen so funktioniert, ist fraglich, und ebenso, ob dies auch für andere Krebsarten der Fall ist. Weil Viagra aber schon als Medikament zugelassen ist, ließen sich auch leichter und schneller klinische Studien durchführen. Für Umansky sind die Ergebnisse jedenfalls vielversprechend: "Das Besondere an unserem Forschungsansatz ist, dass die Erkrankung der Mäuse klinisch sehr ähnlich verläuft wie das Melanom beim Menschen", sag er, weswegen auch die Wirkung von Viagra ähnlich sein könnte.