Wird in Gorleben schon ein Endlager gebaut?

Die Bürgerinitiative behauptet, es werde keine Erkundung im Salzstock vorgenommen, sondern ein Endlager eingerichtet

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die "Erkundungslüge ist aufgeflogen!", titelt eine Presseerklärung der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. In Gorleben werde längst ein Endlager für hochradioaktive Abfälle errichtet, schreiben die Atomkraftgegner und beziehen sich auf einen Bericht der Frankfurter Rundschau in ihrer heutigen Ausgabe.

In dem Artikel wird aus einer internen Bewertung des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter zitiert, die der FR vorliegt. Aus dem Bericht geht hervor, dass der Salzstock in Gorleben "bereits seit Mitte der 80er Jahre illegal zu einem Atom-Endlager" ausgebaut worden sei. Dieses Eingeständnis sei brisant, denn bisher gäbe es für Gorleben nur eine Genehmigung zur untertägigen "Erkundung", ob der Salzstock für ein Endlager geeignet ist. In dem BfS-Bericht heißt es, die "bisherigen Erkundungskosten" hätten außerordentlich hoch gelegen, "was jedoch darin begründet liegt, dass hier parallel zur Erkundung bereits der Ausbau zum Endlager begonnen wurde". Die BfS habe die Existenz des Papiers auf Anfrage der Zeitung nicht bestätigen wollen.

"Endlich kommt ans Licht, dass nach Abschluss der Tiefbohrungen Mitte der 80er Jahre der Bau des Endlagers begonnen wurde, und zwar unter Ausschluss der Öffentlichkeit", erklärt die BI. Bisher hätten die Behörden und die jeweiligen Regierungsparteien die Sprachregelung in Gorleben vehement verteidigt, wonach in Gorleben nur erkundet wird, erklärt die BI und mahnt Konsequenzen an: "Die Errichtung eines Endlagers ohne Eignungsaussage und ohne Planfeststellungsbeschluss ist rechtswidrig." Bundesumweltminister Sigmar Gabriel stehe unter Erklärungs- und Handlungsdruck und Gorleben ist in jeder Hinsicht verbrannt, meinen die Endlager-Gegner.

Angesichts der skandalösen Vorgänge im einstürzenden "Versuchsendlager" Asse, wo jahrelang illegal alles Mögliche, ja sogar Giftmüll versenkt wurde, würde das Vorgehen eigentlich niemanden wundern. Das BfS, das seit Jahresbeginn auch die Verantwortung für die Asse trägt, zeichnet sich nicht unbedingt durch eine transparente Politik aus. Die skandalösen Vorgänge in der Asse kommen nur scheibchenweise ans Licht und werden vom BfS dann meist klein geredet.

Das Vorgehen, im Rahmen einer Erkundung ein Endlager vorzubereiten und in der Öffentlichkeit festzuklopfen, weil kein Alternativstandort untersucht wird, wenden auch die Nachbarn in Frankreich an. In Lothringen wurde im kleinen Dorf Bure zunächst angeblich nur ein "Forschungslabor" eingerichtet. Doch in der Lehm-Tonschicht 500 Meter unter dem Dorf soll nun definitiv zur Endlagerung genutzt werden. Dabei wurden die gesetzlichen Vorschriften weitgehend unterlaufen. Die geforderten Forschungen fanden praktisch nicht statt und die gesetzlich vorgeschriebenen Alternativuntersuchungen, zum Beispiel in Granit, wurden nie durchgeführt. Man setzt darauf, in der fast menschenleeren Gegend, wo Widerstand nur schwer zu entwickeln ist, die lästige Atommüllfrage definitiv beerdigen, die Sarkozys für seine geplante Renaissance der Atomenergie benötigt wird. Und weil man schon mal dabei ist, soll in Grenznähe zu Deutschland und Luxemburg auch gleich noch ein Lager für schwach- und mittelradioaktiven Industriemüll gefunden werden. Dafür könnten sich 3000 Kommunen in der Region bewerben und nach Medienberichten kämen drei lothringische Gemeinden in die engere Wahl.

In Trier befürchtet man, dass eine europäische Lösung angestrebt werde und man nun Bure als gemeinsames Endlager für Frankreich und Deutschland festklopfen könnte. Damit hätte man auch das Problem der Forschung in anderen Lagermedien und an anderen Standorten, die national gefordert wurden, über die internationale Schiene umschifft. Der Trierische Volksfreund hatte mehrfach in Berichten angesprochen, dass als Alternative zu Gorleben in der Umgebung von Bure ab 2025 auch hochradioaktiver Atommüll aus Deutschland eingelagert werden könnte.