Wulff wird zu einer "realen Gefahr" in seinem Amt

Weil Wulff als Berufspolitiker die Sensibilität für die Trennung von Amt und Privatleben zu fehlen scheint, verheddert er sich immer weiter

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Während der Bundespräsident rudert, um seine Verstrickungen und Begünstigungen zu vertuschen, macht er dadurch die Lage nur schlimmer. Hochpeinlich würde es, wenn die Bildzeitung den Mitschnitt von Wulffs wütenden Äußerungen auf der Mailbox veröffentlichen würde. Wulff hat bislang eine Veröffentlichung der Abschrift abgelehnt, die Bild dem Bundespräsidenten süffisant zur Erinnerung zugeschickt hat. Aus der Nummer wird er wohl nicht mehr herauskommen. Blockiert er die Veröffentlichung, wachsen die Spekulationen und Zweifel an seiner Ehrlichkeit - würde er zustimmen, macht er sich lächerlich.

Dann kommt auch noch die Nachricht, dass seine Frau sich von Modefirmen kostenlos ausstaffieren lässt, was wiederum deutlich macht, dass das Ehepaar nicht weiß, was sich für die Ämter eines Ministerpräsidenten und eines Bundespräsidenten gehört. Nun aber geht es nicht nur um günstige Kredite, Urlaube bei reichen "Freunden" und Schweigen und Aussitzen, jetzt gerät Wulff auch unter juristischem Druck wegen der gescheiterten Übernahme von VW durch Porsche. Wulff, damals im Aufsichtsrat von VW, soll Schadensersatz in Höhe von 1,8 Milliarden Euro leisten. Ob da noch die günstigen Kredite der Freunde helfen werden?

Aber allein diese Sache dürfte Wulff auch nicht in den Graben fallen lassen. Einzeln könnte er wohl alle Vorwürfe irgendwie überstehen, aber in der Häufung werden sie ihm zum Verhängnis. Treuherzig hatte er im ARD/ZDF-Interview versichert, dass er sich schon am 25. November auf die Umwandlung seines Geldkredits auf ein Darlehen mit der BW-Bank geeinigt habe. Auch wenn es offiziell erst im Januar in Kraft tritt, sei es damals schon gültig gewesen - per Handschlag. Immerhin ging um eine halbe Million Euro.

Die Financial Times reaktion-der-bw-bank-wulff-laut-amtsdefinition-inkompetent/60150613.html?page=2: erklärt nun:

"Das ist falsch. Laut Bürgerlichem Gesetzbuch, Paragraph 492, braucht ein Verbraucherdarlehen die Schriftform, sonst ist es nichtig. Die BW-Bank, die Hausbank Wulffs, hat das noch einmal bestätigt. Machttaktisch war diese Aussage für Wulff wichtig, um zu belegen, dass er seinen Kredit nicht erst nach den Presseveröffentlichungen Mitte Dezember umgewandelt hat, sondern schon vorher. Er wollte so widerlegen, dass er auf Druck eines schlechten Gewissens aufgrund der öffentlichen Aufruhr gehandelt habe. Im Ergebnis hat er, um sich im Amt zu retten, das deutsche Rechtssystem fehlinterpretiert. Wulff konnte sich lange auf diese Frage im TV-Interview vorbereiten. Er ist Jurist und hat umfangreiche juristische Beratung. Entweder er hat vorsätzlich gelogen. Oder er ist leichtfertig mit den deutschen Gesetzen umgegangen." Lügen steht einem Bundespräsidenten nicht gut an, die Verbreitung von falschen Informationen natürlich auch nicht. Und auch die bewusste Ignoranz, also sich nicht ausreichend informiert zu haben, ist kein gutes Zeugnis. Die Financial Times kommt zum Schluss, dass "Wulff in diesem Amt zu einer realen Gefahr" wird.