Zusammenhang von Hyperaktivität bei Kindern mit Luftverschmutzung durch Verkehr

Nach einer Studie von US-Wissenschaftlern haben Kleinkinder, die nahe an Straßen leben, ein erhöhtes Risiko für Hyperaktivität, aber nicht für eine Aufmerksamkeitsstörung

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Die Verwendung von Benzin für den Antrieb von Fahrzeugen hat viele negative politische, klimatische und gesundheitliche Probleme, zu denen auch neurokognitive gehören. Nach einer Studie von Wissenschaftlern der University of Cincinnati könnten die Abgase auch hinter den dramatisch steigenden Zahlen von Kindern und Jugendlichen stehen, die mit der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) diagnostiziert werden. Auch Passivrauchen oder Blei soll dazu beitragen.

Die Wissenschaftler haben, wie sie in ihrem Beitrag für die Open-Access-Publikation Environmental Health Perspectives schreiben, eine Langzeitstudie über die Folgen von Feinstaub, der vom Verkehr verursacht wird, auf das Atmungssystem von Kundern und die Entwicklung von Allergien ausgewertet. Ausgewählt wurden Kinder in Cincinnati, die zwischen 2001 und 2003 geboren wurden und von denen bekannt war, dass sie näher als 400 Meter oder weiter weg als 1500 Meter von größeren Straßen lebten. Die Belastung wurde durch Luftmessstellen und angenommenen Folgen der Landnutzung bestimmt. Als die 576 Kinder sieben Jahre alt waren, füllten die Eltern einen Fragebogen aus, durch den bei ihren Kindern ADHS und andere Aufmerksamkeits- und Verhaltensprobleme erkannt werden können.

Die Kinder, die im ersten Lebensjahr dem Drittel der am stärksten der vom Verkehr verursachten Luftverschmutzung ausgesetzt waren, wurden im Alter von sieben Jahren mit einem 70 Prozent höheren Risiko für eine Hyperaktivitätsstörung eingestuft. Einen Zusammenhang mit Aufmerksamkeit, Aggression und anderen Verhaltensstörungen wurde unter Berücksichtigung von Geschlecht, Passivrauchen und dem Ausbildungsgrad der Mutter nicht beobachtet. Seltsam ist freilich, dass der Zusammenhang zwischen hoher Luftbelastung durch den Verkehr und ADHS am stärksten bei den Kindern war, deren Mütter mehr als einen High-School-Abschluss hatten. Die Wissenschaftler führen dies darauf zurück, dass die Eltern mit höherer Ausbildung auch höhere Erwartungen an die Schulleistungen ihrer Kinder haben und deswegen eher Verhaltensstörungen bemerken. Ansonsten geht ein niedriger Ausbildungsstatus der Mütter mit einem höheren ADHS-Risiko der Kinder einher.

Die Studie weist viele Mängel auf, aber die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sie die bislang größte Langzeitstudie für die kognitiven Folgen der verkehrsbedingten Luftverschmutzung vorgelegt haben. In welcher Weise die Luftverschmutzung Hyperaktivität verursachen kann, bleibt Spekulation. Möglicherweise, so die Wissenschaftler, könnte die Verengung der Adern im Kortex eine Rolle spielen. Ein bisschen schnell gehen sie über das Ergebnis hinweg, dass besser ausgebildete Mütter eher Hyperaktivität bei ihren Kindern feststellen. Es könnte ja auch sein, dass die weniger gebildete Mütter geringere Erwartungen und Kontrollwünsche haben, was die schulische Leistung ihrer Kinder betrifft. Für die Wissenschaftler könnte ein Zusammenhang zwischen verkehrsbedingter Luftverschmutzung und Hyperaktivität weit reichende Folgen haben. Schließlich würden 11 Prozent der Menschen in den USA weniger als 100 Meter von eine vierspurigen Highway entfernt leben, zudem würden 40 Prozent der Kinder eine Schule besuchen, die weniger als 400 Meter von einer größeren Highway entfernt ist.