Zwei Inseln des Lichts

Das Beispiel New York City zeigt: Kraftwärmekoppelung sorgt für mehr Versorgungssicherheit

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Was haben die deutsche Debatte um das Stromnetz und die erneuerbaren Energieträger mit "Sandy" zu tun, dem Monstersturm, der letzte Woche große Teile der nördlichen US-Küste verwüstete und Teile New York Citys unter Wasser setzte? Wenig mag man meinen, aber das täuscht vielleicht. Der Sturm bietet unter anderem einige Lehren in Sachen Versorgungssicherheit, und die ist bekanntlich auch ein Aspekt der hiesigen Energiedebatte.

Hierzulande sagen selbst Wohlmeinende, wir müssen uns auf jene hypothetischen zwei Wochen trüben, windarmen Winterwetters einrichten, die selten sind, aber vorkommen, in denen auch bei noch so großem Ausbau weder Wind noch Sonne genug Elektrizität liefern. Eine solche Situation ist allein mit Speichern kaum zu meistern, da diese gigantische Ausmaße haben oder in sehr großer Zahl vorhanden sein müssten.

Die Antwort auf dieses Problem lautet also entweder ein leistungsfähiges Supergrid, das im Zweifelsfall große Mengen elektrischer Energie aus anderen Ländern heranschaffen könnte, die die großen Speicher haben (Norwegen zum Beispiel) oder in denen zu der Zeit anderes Wetter herrscht (Schottland, Irland, Südeuropa, Nordafrika). Oder aber es würden ausreichend Reservekraftwerke bereit gehalten. Beides ausgesprochen teure Lösungen.

Auf eine dritte Möglichkeit ist man bereits vor langem in den 1990ern in Dänemark gekommen. Dort dürfen seit etwa 15 Jahren nur noch Kraftwerke gebaut werden, deren Abwärme genutzt werden kann. Das sind meist kleinere Kraftwärmekraftwerke, die in Fern- oder Nahwärmenetze einspeisen. Die großen Kohlekraftwerke von 800 Megawatt oder mehr, die die Bundeskanzlerin so liebt, weil sie der Energiekonzerne liebstes Kind sind, wären für eine derartige effiziente Nutzung viel zu groß. Selbst in einer Millionenstadt wie Berlin mit gut ausgebauten Wärmenetzen gäbe es nicht genug Abnehmer für derart viel Heizenergie.

Und was hat das alles mit "Sandy" zu tun? Wie die New York Times auf ihrem Blog Dot Earth schreibt, gab es, als in Downtown Manhattan und anderswo das einströmende Hochwasser die Transformatoren explodieren und das Netz zusammenbrechen ließ, zwei Inseln des Lichts: die New Yorker Universität in der Nähe des Times Squares in Manhattan und Co-op City, die Hochhaussiedlung einer Wohnungsbaugenossneschaft in der Bronx.

Beide Anlagen hatten etwas gemeinsam. Um Kosten zu sparen, betreiben sie kleine Kraftwärmekraftwerke, die ihre Gebäude zugleich mit Strom und mit Wärme, im Sommer auch mit Kälte, versorgen. Befeuert werden sie mit Erdgas, das die Gebäude über Erdleitungen erreicht. Letztere sind gegen Sturm und Hochwasserschäden offensichtlich wesentlich besser geschützt als die Freileitungen der Stromversorgung, die letzte Woche vielfach das Opfer umstürzender Bäume wurden.

Ein Problem ist in den USA natürlich, dass dort das Erdgas meist unter sehr umweltschädlichen Bedingungen gefördert wird. Das müsste aber nicht sein. Methan lässt sich auch in großer Menge aus organischen Abfällen gewinnen. Aber das nur am Rande.

Das Wesentliche an dieser Geschichte ist, dass die kleinteilige dezentrale Kraftwärmekopplung nicht nur kostengünstig, energiesparend und eine wunderbare Ergänzung zu Sonne und Wind ist. Im Falle eines Netzzusammenbruchs erhöht sie auch die Versorgungssicherheit.

In Dänemark, wo man nicht so leichtsinnig war, das Netz dem Markt und privaten Gewinninteressen zu überlassen, nutzt man diese Eigenschaft der dezentralen Versorgung gezielt aus. Das Netz wird derzeit derart umgebaut, dass es aus vielen kleinen semi-selbständigen Einheiten besteht, die im Falle eines Zusammenbruchs jede für sich wieder hochfahren können.