EXPO will Berater wegen öffentlicher Kritik entlassen

Waren die Besucher-Prognosen nur Augenwischerei?

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In einem Interview hat der EXPO-Kommunikationsberater Hans-Erich Bilges die EXPO öffentlich kritisiert. Er warf den Planern und den Politikern vor, bereits im Vorfeld der Weltausstellung massive Fehler und Populismus betrieben zu haben. Nun will sich die EXPO von Bilges einvernehmlich trennen. Man habe erhebliche Einschätzungs- und Auffassungsunterschiede.

Bislang bekam man derartig kritische Töne aus den Reihen der EXPO-Verantwortlichen nicht zu hören. Nicht einmal eine selbstkritische Einschätzung kommt den Mitarbeitern über die Lippen. Bilges äußerte öffentlich Kritik dass die Vorgaben zu hoch gesetzt worden seien. Ziel der Prognosen über die Besucherzahlen und Sponsorengelder Anfang der 90er-Jahre war, die Zustimmung der Parlamente zu erreichen. Er stellte jetzt klar, dass eine Einschätzung von täglich durchschnittlich 260.000 Besuchern zu hoch gegriffen sei. Zu den Vorgaben gehören die Besucherzahl von 40 Millionen, der Vorverkauf von sieben Millionen Tickets und das Einwerben von mehr als 900 Millionen Mark Sponsorengeldern. In Berichten heißt es, dass solche Vorgaben nicht einmal die Olympischen Spiele oder Fußballweltmeisterschaften hatten.

Trotz allem wollte Bilges mit seinem Vorpreschen nicht die EXPO an sich in Frage stellen, sondern empfindet es als nicht fair, wenn sich die EXPO-Mitarbeiter auch heute noch an den Zahlen messen lassen müssen, die damals aus reinem Kalkül aufgestellt worden seien. Er wollte die EXPO endlich frei von diesem unerreichbaren Zahlenwerk sehen und von dem damit verbundenen Druck. Bilges greift hier möglicherweise nur einer politischen Willensbildung vor, ein höheres Minus in Kauf zu nehmen. Statt sich konstruktiv mit diesen Einschätzungen auseinander zu setzen, feuert die EXPO als Antwort ihren Berater. Eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit sei nicht mehr möglich und man schlägt Bilges eine einvernehmliche Auflösung des Vertrages vor. Das Spiel geht also weiter, man will nach Ende der Weltausstellung im Oktober nicht mehr als die bekannten 400 Millionen Mark Verlust vorweisen. Doch dieses Vorhaben wird sich angesichts der bestehenden Besucherflaute kaum verwirklichen lassen. Noch fehlen auch 200 Millionen Mark bei den kalkulierten Sponsorengeldern. Man darf gespannt sein, wie die dann schön gerechnet werden.