"Pinkel-Skandal" erschüttert die Expo 2000

Packt die Türkei bereits die Koffer und verlässt unter Protest vorzeitig die Weltausstellung in Hannover?

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Packt die Türkei bereits die Koffer und verlässt unter Protest vorzeitig die Weltausstellung in Hannover? - Wundern sollte uns das nicht, denn was die Bild-Zeitung jetzt als "Pinkel-Skandal" enthüllt hat, wird auf jeden Fall Folgen haben - auch für das sowieso arg angekratzte Image der Weltausstellung.

In ihrer heutigen Ausgabe wirft das Blatt dem Prinzen Ernst August von Hannover wahrlich Unglaubliches vor. Er soll, schreibt Bild, beim Ehrentag des Hauses Grimaldi auf der Weltausstellung am vergangenen Donnerstag öffentlich uriniert haben: "Zielobjekt: die Wand des Türkischen Pavillons. Um 11 Uhr morgens. Von Besuchern fotografiert." Was genau geschah, beschreibt eine schockierte Augenzeugin der Bild-Zeitung:

"Prinz Ernst August von Hannover stieg aus, ging an die rechte Seite des Türkischen Pavillons. Er hatte einen schwankenden Gang, machte einen betrunkenen Eindruck. Ihm folgte ein Bodyguard. Wir sahen, wie Ernst August seinen Hosenschlitz öffnete und urinierte. Wir konnten den Urin-Strahl deutlich sehen." - Und schlimmer noch: Der Prinz wusch sich hinterher nicht die Hände und begrüßte anschließend bei einem Empfang händeschüttelnd unter anderem die Expo-Chefin Birgit Breuel!

Bei unseren am Freitagabend sofort eingeleiteten Recherchen haben wir natürlich genau am Tatort nachgeschaut, konnten dabei jedoch keine Spuren oder nachhaltigen Gerüche dieses skandalösen Vorgangs mehr entdecken. Dennoch zeichnen sich bereits jetzt die ersten Folgen von Prinz Ernst Augusts Urin ab. So rechnet der türkischstämmige Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir mit "martialischen Reaktionen" der türkischen Öffentlichkeit. Außerdem verlangte er in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Focus", dass sich Ernst August beim türkischen Volk entschuldigen soll.

Dass die Türkei nun womöglich die Expo 2000 aus Protest gegen diesen An- und Abschlag vorzeitig verlassen wird, auch dafür gibt es bereits erste Indizien: Während sich am vergangenen Freitagabend fast überall auf dem Gelände die Menschen drängten und sogar vor dem mittlerweile schon legendären China-Pavillon in Schlange anstanden, herrschte bei der Türkei eine fast beängstigende Leere. Die wenigen Besucher, die sich dennoch hereingewagt hatten, bekamen zudem kaum etwas zu sehen - außer ein paar folkloristische Bilder, einen Löwen mit roten Lämpchen und einem Stapel von Stadtplänen des Ortes Izmir. Offenbar wurden bereits die wichtigsten Ausstellungstücke klammheimlich entfernt. Dafür spricht auch, dass noch gegen 20 (!) Uhr eine Gruppe von Handwerkern emsig im Pavillon tätig war. Was sie genau taten, konnte allerdings aus sprachlichen Gründen nicht näher verifiziert werden.

Die Welfen selber dagegen schweigen beharrlich. Auf ihrer von Heinrich von Hannover gestalteten Homepage findet man zu diesem Vorfall kein einziges Wort. Gleichwohl wird dort ausdrücklich betont, dass das Haus Braunschweig - Lüneburg (Hannover) heute keine politische Funktion mehr habe. "Der große Kunst- und Kulturbesitz des Welfenhauses verpflichtet jedoch die Familie zur politischen Einflußnahme und zum Erhalt der historischen Tradition." Und vielleicht ist das öffentliche Urinieren ja ein Teil dieser einst so stolzen Tradition.