Amazon verkauft WikiLeaks-Dokumente als eBook

Amazon hat auf Druck der US-Politik Wikileaks von seinen Servern entfernt, jetzt gibt es unter den tausenden Copy-and-Paste-eBook-Schund für das Kindle auch 5000 Depeschen

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Das ist schön, zuerst verbannt Amazon WikiLeaks von seinen Servern, um dann dieselben Dokumente in Form eines eBooks zu verkaufen. Das ist natürlich eine seltsame Logik – oder unterläuft der Online-Händler so unter der Hand den Druck seitens der Regierung?

Das wäre vermutlich zu subtil und subversiv, es geht halt einfach ums Geschäft. Da zwar WikiLeaks mitsamt den Finanzinstitutionen unter Druck steht, über die Gelder an die Organisation fließen können, aber bislang die mit WikiLeaks eng zusammen arbeitenden großen Medien wie die New York Times, der Spiegel, der Guardian oder El Pais noch nicht ins Visier geraten sind – abgesehen mal vom notorischen US-Senator Joe Lieberman, sieht man wohl auch bei Amazon die Möglichkeit, aus dem prominenten Thema unbeschadet Geld machen zu können. Sicherheitshalber wird es auch nur bei Amazon.co.uk angeboten.

Allerdings kriegt der Kunde für immerhin stolze 7,37 Pfund – die er wohl nicht nur mit PayPal, sondern auch über Visa und MasterCard bezahlen kann - nur die von dem obskuren "Autor" Heinz Duthel" herunter geladenen ersten 5.000 Depeschen – natürlich für Amazons Kindle. Titel der Veröffentlichung: "WikiLeaks documents expose US foreign policy conspiracies. All cables with tags from 1- 5000." Natürlich kann jeder selbst ohne Kosten auf dem Internet bei WikiLeaks oder den zahlreichen Mirror-Seiten nachschauen. Macht aber nichts, klingt ja nach Buch und damit irgendwie vertrauenswürdiger als bloß eine Website. Der "Autor", der wohl die Analysen von Medien wie der New York Times und dem Guardian kopiert hat, kündigt im nächsten eBook eine gewissenhafte Analyse der Dokumente an.

Duthel ist ein Vielpublizierer, der zwar nicht wie WikiLeaks arbeitet, aber massenhaft publiziert, indem er Texte und Bilder, gerne aus Wikipedia, sammelt und verkauft. So kann man praktisch ohne Arbeit dank der Vermittlung von Amazon geklaute Inhalte vermarkten. Auch andere haben Copy and Paste als Geschäftsmodell, gefördert von Amazon, das nichts dagegen unternimmt, längst entdeckt.

Nichts anderes also jetzt mit Wikileaks. Übrigens hat Duthel, der auch sonst alles mögliche vertreibt, was sich zu Geld machen lässt, schon mindestens drei eBooks über Assange via Amazon angeboten. Ganz neu: Julian Assange. The Whistleblower. Traitor or Hero?", davor: "Wikileaks and Julian Assange. Shlomo ben Ami, Avigdor Lieberman, the Mossad..." oder: "Julian Assange. Arrest warrant for WikiLeaks boss. Assange could claim Swiss asylum". Auch schön: "DUTHELREPORT 2010: WikiLeaks founder Julian Assange on the way to Guantanamo Bay detention center?" Alle angeblich jeweils mehr als 20.000 Mal verkauft - auch in den USA.