Massenmord an mutmaßlichen Homosexuellen im Irak

Alleine im Februar sollen in dem arabischen Land 42 Menschen wegen des Verdachts sexueller Abweichung getötet worden sein

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Der International Gay & Lesbian Human Rights Commission (IGLHRC) und die Organization of Women's Freedom zufolge kursieren im Irak Todeslisten, auf denen sich die Namen und Adressen von Personen befinden, die man beschuldigt homosexuell zu sein. Angeblich wurden alleine im Februar 42 Menschen wegen dieses Verdachts ermordet. Teilweise sollen sie von Hochhäusern gestürzt und mit Betonbrocken gesteinigt worden sein. Als Zentren der Verfolgung werden neben der schiitischen Metropole Basra auch die schiitischen Stadtviertel der Hauptstadt Bagdad genannt. Dort sollen Milizen die Beschuldigungen teilweise sogar öffentlich angeschlagen haben. Die irakische Regierung reagierte bislang nicht auf die Vorwürfe.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hatte bereits 2009 die massenhafte Verfolgung und Ermordung von Homosexuellen im Irak kritisiert. In dem Bericht ist unter anderem von Folterverhören die Rede, bei denen Beschuldigte wie bei Hexenprozessen die Namen anderer Homosexueller nennen sollen. Ärzte bestätigten der Menschenrechtsorganisation, dass man den Opfern teilweise die Genitalien abschnitten und ihren Anus verleimte. Dass es im Rahmen der Verfolgung auch zu Vergewaltigungen gekommen sein soll, zeugt möglicherweise von einem nicht ganz widerspruchsfreien Verhältnis der Täter zur Homosexualität.

Opfer der Anschuldigungen betroffen sind nicht nur echte Homosexuelle, sondern auch Anhänger der Emo-Jugendbewegung. Selbst enge Jeans oder besonders gepflegte Haare können ausreichen, um als "Jarawi" (wörtlich: "Hündchen") denunziert zu werden. Human Rights Watch zufolge sind für die Verfolgung auch Prediger verantwortlich, die in Moscheen vor einer "Verweiblichung" irakischer Männer warnen. Der schiitische Großayatollah Ali as-Sistani soll 2006 eine Fatwa auf seiner Website veröffentlicht haben, in der es hieß, dass Homosexuelle des Todes würdig sind. Angeblich entfernte man die in FAQ-Form gehaltene Auskunft wieder, nachdem westliche Medien auf sie aufmerksam wurden. Im Iran, dem noch stärker vom schiitischen Klerus beherrschten Nachbarland des Irak, droht Homosexuellen sogar von staatlicher Seite die Todesstrafe.