Deutsche Umweltstiftung legt Gefährdungsatlas für die Menschen im Umkreis von AKWs vor

Die politisch Verantwortlichen würden sich "menschenverachtend" verhalten, "wenn in einem so dicht besiedelten Land wie Deutschland weiterhin Atomkraftwerke betrieben werden".

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Die schwarz-gelbe Regierungskoalition will die alten Kraftwerke weiter laufen lassen, obgleich manche wie Biblis B schwere Mängel aufweisen. In Deutschland gibt es 17 Atomkraftwerke, von denen allerdings stets mehrere stillgelegt sind. Jetzt sind gerade 3 nicht am Netz, ohne dass dies die Versorgung beeinträchtigen würde. Die Bundesregierung will die alten Atomkraftwerke weiter laufen lassen, wenn sie sicher sind. Das sind sie nicht - ebenso wenig wie die End- und Zwischenlager für den Atommüll und die AKWs in den Nachbarländern, sagt die Deutsche Umweltstiftung. Sie hat nun einen AKW-Gefährdungsatlas veröffentlicht, in dem die "Zonen erhöhter Gefährdung" für die im Umkreis von 150 km um ein AKW lebende Bevölkerung ausgewiesen sind.

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AKW-Gefährdungsatlas der Deutschen Umweltstiftung

"Ab Oktober 2009 gab es in Deutschland 89 meldepflichtige Störfälle von insgesamt 117 Störungen in AKWs, so dass bis zum Jahresende 2009 insgesamt 5953 meldepflichtige Störfälle zu vermelden sind", schreibt die Deutsche Umweltstiftung. "Die so genannten 'nicht meldepflichtigen' Störfälle wurden erst gar nicht erwähnt, weil die Kraftwerksbetreiber regelmäßig versuchen, diese nicht zu veröffentlichen. Beunruhigend sind die Vorfälle in den beiden Atomblöcken in Biblis, die selbst der Betreiber RWE nach langem Zögern der ARD gegenüber bestätigen musste." Im Bereich um die beiden Biblis-Reaktoren leben 7.020.187 Menschen. Besonders gefährdet seien die Menschen um Bremen, da sie im Einzugsbereich von bis zu 6 AKWs leben.

Die Zahlen, die die Deutsche Umweltstiftung zusammengestellt hat, würden nur eine "Untergrenze" darstellen, "da durch einen größten anzunehmenden Unfall weit mehr Bürgerinnen und Bürger in einem mehrfach erweiterten Umkreis durch die frei gesetzten radioaktiven Strahlen betroffen sein könnten, also um ihre Gesundheit und im schlimmsten Fall um ihr Leben fürchten müssten".

Projektleiter und Vorstandsmitglied Hans Günter Schumacher kritisiert im Hinblick auf den Gefährdungsatlas, "dass sich die politisch Verantwortlichen in Regierungen und Parlamenten, insbesondere aber die großen Energiekonzerne EnBW, E.ON, RWE und Vattenfall nach unserer Auffassung nicht nur unverantwortlich, sondern menschenverachtend, gegenüber den Millionen möglicherweise betroffener Menschen verhalten, wenn in einem so dicht besiedelten Land wie Deutschland, aber auch in Europa, weiterhin Atomkraftwerke betrieben werden." Die Deutsche Umweltstiftung fordert, die ältesten Atomkraftwerke (Biblis A und B, Brunsbüttel, Neckarwestheim 1, Isar 1, Philippsburg 1 und Unterweser) sofort stillzulegen, die Laufzeit für kein AKW zu verlängern, Subventionen für Betreiber von AKWs zu streichen, das Atomforum aufzulösen und der Nutzung erneuerbarer Energien "aboluten Vorrang" einzuräumen.