530 Millionen für U-Boot mit Übergewicht

Ein neues spanisches U-Boot, das das modernste weltweit werden sollte, ist bis zu 100 Tonnen zu schwer und würde beim Tauchgang auf den Meeresgrund absinken

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Während Deutschland eine Drohne geordert hat, die in Europa nicht fliegen darf, baut Spanien ein U-Boot, das nicht schwimmt. Gut 530 Millionen Euro sind schon in das Projekt zum Bau von vier U-Booten geflossen, die 2,2 Milliarden Euro kosten sollten.

Das erste Unterseeboot, die Isaac Peral (S-81), hätte Navantia schon 2012 den Streitkräften übergeben sollen. Nach ständigen Verzögerungen wurde bisher erklärt, das erste Boot werde 2015 geliefert. Daraus wird nichts. Die Firma musste einräumen, dass das U-Boot ein Übergewicht von 75 bis 100 Tonnen hat.

Das scheint bei einem Gewicht von 2.200 Tonnen nicht viel. Doch die Fettleibigkeit macht daraus ein Einweg-U-Boot. Beim Tauchgang würde es auf den Meeresgrund absinken. Ein Tauchversuch wurde nicht gestartet, das Übergewicht bei Neuberechnungen festgestellt, weshalb Navantia es nicht genau beziffern kann. Die Firma wollte das "modernste U-Boot weltweit" bauen und das wurde schon beim Start des Projekts 2004 als waghalsig kritisiert. Denn Navantia hatte nie zuvor allein ein U-Boot gebaut. Zuvor wurden mit der französischen DCN U-Boote der Scorpène-Klasse gebaut. Nach der Trennung wurde das Projekt angegangen, damit Spanien auf dem Weltmarkt für U-Boote mitmischen kann.

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Bild: Navantia

Damit hat man sich nun auch im eigenen Land lächerlich gemacht. Gaspar Llamazares, Abgeordneter der Vereinten Linken (IU) im Parlament, leitete eine Anfrage an die Regierung mit einem Satz des Komikers Miguel Gila ein: "Das U-Boot, das die Woche geschickt wurde, schön Farbe, aber es schwimmt nicht." Ironisch fragt der Parlamentarier, ob man das U-Boot "nicht dem Feind schenken könnte, damit wir so den nächsten Krieg gewinnen?" Er will wissen, wer für das Debakel die Verantwortung übernimmt. Die Fragen bleiben aber unbeantwortet, denn die konservative Volkspartei (PP), in deren Regierungszeit das Projekt gestartet wurde, ist nicht zu Scherzen aufgelegt. Sie weigerte sich, die Anfrage zu beantworten.

Damit ist unklar, welche Kosten zusätzlich auf den Steuerzahler zukommen. Es handelte sich schon bei den 2,2 Milliarden Euro um eines der teuersten Rüstungsprojekte in der Geschichte des Landes. Zusätzliche Kosten müssen wegen leerer Kassen und einem Haushaltsdefizit von 10,6 Prozent 2012 nun an anderer Stelle eingespart werden, weil das Defizit abgebaut werden muss.

Entschieden werden muss, wie das U-Boot abgespeckt wird. Die wahrscheinlichste Variante ist seine Verlängerung. Das ist aber auch die teurere, denn damit geht eine gesamte Neugestaltung einher. Spanien müsste zudem das U-Boot S-74 (Tramontana) für mindestens 30 Millionen Euro renovieren, damit es nicht im Sommer ausgemustert wird. Da nicht mehr damit gerechnet wird, dass die neuen U-Boote vor 2016 fertig werden, steht dies für das S-71 (Galerna) an. Da das S-72 (Siroco) schon vor zwei Jahren wegen fehlender Mittel zur Renovierung ausgemustert wurde, wäre ab 2016 sonst nur noch S-73 (Mistral) operativ, wenn die alten Boote nicht aufgearbeitet würden.

Ob die neuen U-Boote 2017 einsatzfähig sind, steht aber in den Sternen. Im Projekt verbergen sich weitere Probleme. Spanien hat sich auch vorgenommen, eine eigene außenluftunabhängige Antriebsanlage (AIP) zu bauen, statt ein System von deutschen oder schwedischen Herstellern zu kaufen. Anders als rein diesel-elektrisch angetriebene U-Boote, womit Navantia Erfahrung hat, können U-Boote mit AIP-Antrieb wie atomgetriebene U-Boote lange (bis zu 44 Tage) unter Wasser bleiben.

Spanien setzt auf einen komplexen Antrieb auf Basis von Brennstoffzellen. Sie wurden von Hynergreen, einer Tochterfirma der spanischen Abengoa, hergestellt, die beim Bau von solarthermischen Kraftwerken führend ist. Die Brennstoffzellen sollen über einen Bioethanol-Reformer mit Wasserstoff gespeist werden. Ein großer Prototyp funktionierte zwar, doch scheiterte man bei der Verkleinerung für das U-Boot. Der Antrieb brannte ab. Nun werden Gespräche mit anderen Firmen zur Umsetzung geführt. Das Übergewicht ist für die AIP-Konstrukteure ein Glücksfall. Sie haben Zeit gewonnen. Ob der eigene AIP-Antrieb im S-81 aber verwirklicht wird, ist unklar. Das Verteidigungsministerium schließt nicht aus, dass das erste U-Boot der Reihe ohne AIP-Antrieb geliefert wird. Damit würde zwar Gewicht gespart, doch die Modernität weg. Die Beschäftigten in der U-Boot-Werft im südspanischen Cartagena (Murcia) sind auch besorgt um ihre Arbeitsplätze, angesichts einer Arbeitslosigkeit von 27% in Spanien und in Murcia mit über 30%. Das Projekt wurde schon gestoppt und es stellt sich die Frage, ob man es überhaupt weiter verfolgen sollte. Die Beschäftigten fordern die sofortige Wiederaufnahme. Schon mehrfach hat die Belegschaft demonstriert und Straßen blockiert. Der Betriebsratsvorsitzende Ignacio Briones kündigt weitere Proteste an. Er hat darauf verwiesen, dass der Betriebsrat schon 2005 kritisierte, dass die Konstruktion nicht ordnungsgemäß umgesetzt werde. Es hätten sich viele Leute "ohne Erfahrungen" eingemischt, "die trotz ihrer Unwissenheit bedeutende Entscheidungen trafen".