To Scan or not to Scan

Frankreich verbietet den Marketing-Gebrauch von Hirnscans, erlaubt aber die Nutzung vor Gericht.

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Ob man das nun gutheißt oder nicht, Hirnscans werden immer mehr zum Mittel der Wahl, um menschliches Verhalten zu erklären. Es vergeht keine Woche, in der uns nicht dreidimensionale Bilder präsentiert werden, die zeigen sollen, wie und weshalb wir Dinge tun. Verbrecher sollen erkannt, emotionale Bindungen zu unseren Techno-Gadgets aufgedeckt und der freie Wille als Chimäre enttarnt werden. So recht mag man das nicht ernst nehmen, zu begrenzt ist das Wissen über die Funktionsweise des Gehirns, zu unklar zudem, was genau das eigentlich auf den bunten Bilder dargestellt wird.

Kommerzielle Methoden und Geräte sind gleichwohl schon auf dem Markt. "Neuro-Marketing" und Lügendetektoren sind Stichworte, glaubt man den Experten, dann überinterpretieren sie die wissenschaftliche Basis. Obwohl Neuroimaging dabei helfen kann, Verhalten zu verstehen, sollte es nicht dazu missbraucht werden, Verhalten vorherzusagen. Isoliert betrachtet sagt uns das Gehirn nichts.

Es herrscht Unsicherheit, welche Konsequenz ein breiter Einsatz der Scan-Techniken haben könnte. In einigen Ländern haben sich die Regierungen dem Thema bereits angenommen. Frankreich hat im letzten Jahr den kommerziellen Gebrauch von Neuroimaging gesetzlich verboten. Erlaubt ist die medizinische, seltsamerweise aber auch die Nutzung vor Gericht. Abgesehen davon, dass die Fruchtbarkeit des Marketingverbots angesichts globaler Kommunikationsmöglichkeiten begrenzt sein dürfte, verwundert die Zulassung vor den Gerichten der Republik. Noch stehen die Richterinnen und Richter der neuen Technik nicht nur in Frankreich sehr vorsichtig gegenüber.

Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen, stehen uns spannende Urteilsbegründungen bevor. Hirnscans werden schon jetzt herangezogen, um Entscheidungen des Gerichts zu stützen, beispielsweise wenn es um Strafmilderung geht. Bekannt geworden ist der Fall der Italienerin Stefania Alberti, über den die Telepolis hier berichtet hat.

Es gibt immer häufiger Versuche, die Bilder aus dem Kopfinneren als ausschlaggebende Beweise für die Schuld oder Unschuld eines Angeklagten anerkennen zu lassen. Noch ist es weltweit zu keinem Urteil gekommen, in dem Neuroimaging als primärer Beweis herangezogen wurde. Bei dem anhaltenden Hype um die Technik dürfte dieses aber nicht mehr lange auf sich warten lassen.