Mangelnde Kritikfähigkeit?

Die Musikverwertungsgesellschaft GEMA ließ angeblich eine Facebook-Gruppe sperren

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die von der Gewerkschaft Verdi gestützte Musikverwertungsgesellschaft GEMA erregte in Vergangenheit unter anderem mit Klagen gegen YouTube-Videos, einer Verteilung von sehr viel Geld an sehr wenige Mitglieder, einem Zweiklassenwahlrecht, das diese Verteilung faktisch zementiert, einer Bis-zu-2.600-Prozent-Abgabenerhöhung für Clubs, einer Bis-zu-1.850-Prozent-Abgabenerhöhung für Speichermedien, dem Abkassieren für singende Kinder, Verträgen mit fragwürdigen Berufsverbänden, der Forderung von Geld für Creative-Commons-Stücke, der erwiesenen Übervorteilung von Österreichern, der möglichen Übervorteilung von Drittweltmusikern und der Auszahlung von Geldern, die Komponisten und Textern zustehen könnten, an Verlage Aufsehen. Zuletzt machte sie mit dem Plan Schlagezeilen, von Discjockeys ab dem 1. April 2013 13 Cent für Stücke zu verlangen, die als Kopie vom Laptop oder vom USB-Stick gespielt werden, obwohl sie über Abgaben für Produzenten, Leermedien, Geräte und Clubs bereits vier Mal dafür kassiert.

Der Unmut über dieses Gebaren organisierte sich unter anderem auf Facebook, wo die Gruppe 1.000.000 Menschen gegen die GEMA entstand, die es zuletzt auf gut 36.000 Fans brachte. Diese Gruppe ist seit Freitagabend für Zugriffe aus Deutschland gesperrt ist, was angeblich die Verwertungsgesellschaft erwirkte, die für eine Stellungnahme dazu bislang nicht erreichbar war. Auf dem Nachfolgeprofil 100.000 Menschen gegen die GEMA heißt es, die Sperrung sei aufgrund "mangelnder Kritikfähigkeit" der GEMA erfolgt und auf einem (ebenfalls nicht mehr erreichbaren) GEMAdialog-Profil habe man als Begründung für eine Beschwerde "nationalsozialistische Inhalte" und die "Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts" aufgeführt. Beides sei jedoch unzutreffend.

Hinsichtlich des Unternehmenspersönlichkeitsrechts verweisen die Organisatoren der Nachfolgegruppe darauf, dass diese Konstruktion in der Rechtswissenschaft nicht anerkannt wird und Klagen, die sich darauf berufen, regelmäßig im Instanzenweg scheitern. Und von ganzen zwei Postings mit "Bezug zum Nationalsozialismus" sei eines erkennbar satirisch gewesen und das andere habe sich kritisch mit der Rolle des GEMA-Vorläufers STAGMA im Dritten Reich auseinandergesetzt. Details über diese Organisation und das Fortwirken damals verliehener Privilegien in der GEMA finden sich in einem Spiegel-Artikel vom 4. Juli 1951, der bislang noch online ist.