Die Politik macht es wie die Banken

Um die versprochenen Steuererleichterungen zu realisieren, planen die neuen Koalitionäre Tricksereien - kein guter Beginn.

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Für das neue Gespann von CSU und FDP müssen Steuererleichterungen, koste es was wolle, durchgesetzt werden, um nicht das Gesicht zu verlieren und schon als unglaubwürdige Kandidaten anzutreten, die im Wahlkampf das Unmögliche versprochen haben, was die Wähler in der breiten Mehrheit sowieso nicht geglaubt haben. Desto wichtiger scheint nun die Einlösung der vollmundigen Ankündigungen. Die FDP hat Steuererleichtreungen von 35 Milliarden versprochen, die CSU nur von 15 Milliarden, die aber schon 2011. Überlegt wird ein Kompromiss um die 20 Milliarden.

Das Dumme ist nur, dass es da die erst vor kurzem beschlossene Schuldenbremse gibt, während die Ausgaben für den Gesundheitsfonds (über 7 Milliarden) und die Bundesagentur für Arbeit (17 Milliarden und mehr) schon einmal um ebenso viele Milliarden ansteigen, wie die Steuern heruntergefahren werden sollen. Pech haben Union und FDP auch, dass die Vorgängerregierung nicht für das Fiasko verantwortlich gemacht werden kann, schließlich war die Union hier federführend beteiligt.

Wie es mit dem Gesundheitsfonds weitergehen soll, ist noch unklar. Die CDU will daran festhalten, die FDP nicht. Überlegt wird bereits, die Beiträge für die Arbeitslosenversicherung hochzusetzen, um die Steuersenkungen zu finanzieren. Das wäre natürlich prima, weil die Angestellten dann das, was sie in die eine Tasche kriegen, aus der anderen wieder herausgezogen bekommen. Beim Gesundheitsfonds könnte es auf dasselbe Prinzip hinauslaufen. Offenbar denkt man aber auch an einen billigen, wenn auch nicht ungewöhnlichen Trick, der die Bürger täuschen soll und der ein wenig nach der Bilanzkorrektur aussieht, wie er in der Finanzbranche auch gerne vorgenommen wird.

Die Idee ist ganz einfach. Man macht einen Nachtragshaushalt für 2009, der noch der alten Regierung zugeschoben wird. Dort steckt man dann alle Belastungen hinein und nimmt neue Schulden auf, die man im normalen Haushalt wegen der mit den Stimmen der Union und der FDP beschlossenen Schuldenbremse machen könnte. Dazu käme noch der erwartete Gewinn der Bundesbank. Im Visier steht etwa der Tilgungs- und Investitionsfonds (ITF), der schon von der schwarz-roten Regierung als Sonderhaushalt eingerichtet wurde, um den Bundesetat zu entlasten. Hier sind noch Milliarden nicht ausgegeben, die man verwenden könnte, in der Hoffnung, dass ab 2011, wenn die Schuldenbremse greift, das Wirtschaftswachstum wieder einsetzt.

Man fragt sich, gerade auch im Hinblick auf die FDP, wie angesichts dieser Tricksereien im Bundeshaushalt dann ein einfaches und transparentes Steuersystem durchgesetzt werden soll, das man selbst wie der Teufel das Weihwasser fürchtet? Eine neue Regierung, die derart auf Intransparenz, Verschieben und Geschacher setzt, hat schnell die in sie von den Wählern gesetzten Hoffnungen verspielt (auch wenn sie ihr Klientel womöglich bedient), aber sie untergräbt auch weiterhin das Vertrauen ins demokratische System. Das sollten die schwarz-gelben Politiker auch bei aller strategischen Macht- und Interessenverfolgung bedenken. Aber das ist ein idealer Wert, dem die handfesten Interessen der "Leistungsträger" entgegen stehen.