BGH erschwert Abmahnern die Abzocke

Fadenscheinig vorformulierte Unterlassungserklärung indiziert Rechtsmissbrauch

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Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm bestätigt, das einem Abmahner die eingeklagten Abmahnkosten wegen Rechtsmissbrauchs verwehrte. So fanden sich in der erbetenen Unterlassungserklärung Anhaltspunkte, die den Schluss zulassen, dass bei der fragliche Abmahnung weniger die Bekämpfung von Rechtsverstößen als vielmehr der Generierung von Ansprüchen auf Zahlung von Vertragsstrafen im Vordergrund stand, was entsprechend § 8 Abs. 4 UWG rechtsmissbräuchlich ist.

Ein Indiz für solchen Rechtsmissbrauch sah auch der BGH in der Forderung, der Abgemahnte solle sich für jeden Fall der Wiederholung zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichten, obwohl insoweit nur Vertragsstrafeversprechen für schuldhafte Wiederholung interessengerecht ist. Ebenfalls beanstandete der BGH die Bemessung der Vertragsstrafe auf 5.100,- €, die sich im vorliegenden Falle als unverhältnismäßig hoch darstelle und zudem automatisch die kostensteigernde Zuständigkeit der Landgerichte nach sich ziehe. Zudem beanstandete der BGH die in der vorformulierten Unterlassungserklärung unübersichtliche Platzierung der begehrten Unterlassungserklärung und der Verpflichtungserklärung zur Zahlung der Anwaltskosten. Die Abmahnung erwecke den unzutreffenden Eindruck, Unterwerfungserklärung und Kostenerstattung gehörten zusammen, weil beides unter derselben Ziffer der vorformulierten Unterlassungserklärung aufgeführt sei.

Interessant ist die Entscheidung aber auch, weil sie ein indirektes Statement zum „fliegenden Gerichtsstand“ enthält: So rümpften die Richter am BGH auch die Nase darüber, dass dem Betroffenen eine Gerichtsstandsvereinbarung untergejubelt werden sollte, die den Sitz des Anwalts(!) als Gerichtsort festlegte, nicht etwa einen solchen der Parteien. Dies ist allerdings nur eine Wertung des BGH zur Anrüchigkeit derartig vertraglich aufgetischter Gerichtsortsvereinbarung ohne Sachbezug. Die willkürliche Praxis einiger Gerichte, welche den fliegenden Gerichtsstand im Internet unkritisch anwenden, kann der BGH selbst nicht abschaffen, denn die Annahme örtlicher Zuständigkeit durch die unteren Gerichte darf der BGH nicht überprüfen.