Klimawandel in der Nordsee

Globalisierung und Erwärmung wandeln Ökosystem im Eiltempo

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die Langzeitmessungen des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) zeigen in der Nordsee seit 1962 einen mittleren Temperaturanstieg um 1,5 Grad, seit dem Winter 1962/63 gab es vor Helgoland keinen Eiswinter mehr. Die Erwärmung bedeutet nicht nur mildere Winter, sondern auch wärmere Wassertemperaturen im Sommer. Einheimischen Arten wie dem Dorsch wird es bereits zu warm, und die Art wandert Richtung Nordpolarmeer ab. Der Klimawandel wird also auch Auswirkungen auf die bisherige Form der Fischerei haben. Gleichzeitig werden neue Arten heimisch. Sie werden mit dem Ballastwasser von Schiffen in die Nordsee transportiert und können so Kontinente und eigentlich natürliche ökologische Barrieren überspringen. Durch die zunehmend milden Winter können immer mehr südliche Arten langfristig heimisch werden. Das AWI zählt bereits rund 50 neue Arten in der Nordsee. Darunter vor allem mehrere Schneckenarten, Quallen und Großalgen, die ihre neuen Lebensräume teilweise bereits dominieren.

Die Auswirkungen sind noch nicht abzusehen. Im Kaspischen Meer etwa brachte die neu eingeführte kleine Rippenqualle die gesamte Fischerei zum Erliegen. Auch für die Nordsee spricht man am AWI von einer Degradierung des Ökosystems. Ein Beispiel ist die neu eingeführte pazifische Auster, die zunächst kultiviert wurde, dann aber auswilderte. Die Filtrierleistung aller Muscheln im Wattenmeer ist seitdem zwar ungefähr auf das Dreifache angestiegen. Die durch das Filtrieren gebildete Muschel-Biomasse kann aber von anderen Tieren nicht genutzt werden. Denn die großen Austern bilden mit ihren robusten Schalen betonähnliche Riffe, die weder abgeerntet, noch von Vögeln geöffnet werden können. Nach Aussagen des AWI hat das Ökosystem Norsee so an seiner Basis zwar viele Arten hinzugewonnen, in den oberen Etagen der Nahrungskette werde es aber immer kärglicher. Global werde die Meeresflora und -fauna durch Klimawandel und globalisierten Handel immer einheitlicher, auf Kosten der regionalen Artenvielfalt.