Kinder fühlen sich ohne Internet traurig und einsam

Nach einer britischen Umfrage haben Kinder und Jugendliche eine starke emotionale Beziehung zu den digitalen Techniken

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Angeblich sind nicht nur die Jugendlichen, sondern auch schon die Kinder abhängig vom permanenten Zugang zum Informationsstrom. Nach einer Umfrage des britischen Verbraucherforschungsinstituts Intersperience meint die Hälfte der Kinder unter 12 Jahren, sie würden ohne Internet traurig sein, zudem machen die Kinder mehr online als die Erwachsenen. Und schon Säuglinge sind mit Touchscreen-Geräten wie dem iPAD vertraut und sollen Familien deren Hauptbenutzer sein.

Gerne wird davon gesprochen, dass es eine Internetsucht oder -abhängigkeit gebe. Versuche allerdings, die "Internetstörung" - man spricht nicht mehr von Sucht - als neues Krankheitsbild in das wichtige Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (Diagnostisches und Statistisches Handbuch Geistiger Störungen) einzuführen, sind vorerst gescheitert. Zwar gehen manche Berichte von einer großen Zahl an angeblich Internetsüchtigen aus und werden Therapien angeboten, in China teilweise recht rüder Art, während in Großbritannien ein Krankenhaus anbietet, die Screenager wieder zu Teenagern zu machen. aber die Sachlage bleibt umstritten, zumal die Internetsucht sich den Platz streitig machen muss mit anderen angeblichen Süchten wie der Internetsex- oder der Computerspielsucht, es wird aber auch von der Handysucht gesprochen.

Besser wäre daher, von einer Information Deprivation Disorder oder Informationsentzugstörung auszugehen, die Medienwissenschaftler von der Universität Maryland und der Salzburg Academy on Media and Global Change bei jungen Menschen entdeckt haben wollen, nachdem sie einen Tag ohne Internet oder Smartphones verbracht hatten. Für die aktuelle Umfrage wurden tausend Kinder und Jugendliche zwischen 8 und 18 Jahren darüber befragt, welchen Einfluss digitale Techniken auf ihr Leben haben. Danach sagen 49 Prozent, dass sie traurig ohne Zugang zum Internet wären, was immer das näher heißen mag, und 20 Prozent würden sich dann einsam fühlen. Nicht verwunderlich ist, dass mit 60 Prozent der höchste Anteil an "Traurigen" bei Internetentzug unter den Jugendlichen zwischen 12 und 16 Jahren zu finden ist. 48 Prozent würden sich dann auch einsam fühlen.

Tatsächlich findet heute ein Teil des sozialen Lebens und der Kommunikation online statt, was auch den großen Vorteil hat, dass man sich nicht erst an einem Ort treffen muss, um zu quatschen, sondern das überall mit den Smartphones auch machen kann. Die Hauptbeschäftigung der Jugendlichen ist denn auch das Chatten, 70 Prozent machen das über Facebook, woran man sieht, welche Bedeutung das Soziale Netzwerk hat und dass es teilweise zu einem virtuellen öffentlichen Raum in Privatbesitz geworden ist. Allerdings schließen sich virtuelle und reale Kommunikation natürlich in keiner Weise aus, wie manche Kulturkritiker meinen, sie überlappen sich in der Regel und durchdringen sich - und erfordern eine neue Kunst der Balance zwischen dem Leben an dem Ort, wo man sich mit seinem Körper befindet, und dem damit verschmolzenen virtuellen Raum, der dazu zur selbstverständlichen Lebenswelt wurde, in dem zahlreiche Aktivitäten stattfinden.