Sparpläne empören portugiesisches Militär

Militärvereinigungen fordern den Rücktritt der konservativen Regierung, die das Land in den Abgrund führe

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Am 20. März werden tausende Militärangehörige in Portugal auf die Straße gehen, um gegen die Sparpläne zu demonstrieren und den Rücktritt der konservativen Regierung fordern. Das ist ein Ergebnis der Konferenz von etwa 500 Vertretern verschiedener Vereinigungen von Offizieren, Unteroffizieren und Soldaten. Am späten Mittwoch wurde in der Hauptstadt Lissabon per Akklamation ein Schreiben verabschiedet, dass im Rahmen des Protests vor dem Regierungspalast São Bento dem Ministerpräsidenten Pedro Passos Coelho übergeben werden soll.

"Das Land ist in Gefahr", sagte der Präsident der Offiziersvereinigung (AOFA) auf der Versammlung. Manuel Pereira Cracel meint, dass die Politik der Regierung die "Fundamente" Portugals aushöhle, zu denen auch die Streitkräfte gehörten. "Das Militär wird gedemütigt", fügte er unter großem Beifall der Anwesenden an. Oberst Vasco Lourenço, der die Diskussion leitete, sprach seinerseits davon, dass sich das "Land auf dem Weg in den Abgrund" befände.

Die Militärs haben schon in den vergangenen Jahren immer wieder gegen die Einschnitte ins Sozialsystem demonstriert oder sich an Demonstrationen beteiligt. Auch am vergangenen Samstag gingen sie wieder auf die Straße. Mit Blick auf diese riesigen Märsche fand Lourenço deutliche Worte in Richtung der Regierung. "Ich hoffe, die Politik verfügt über gesunden Menschenverstand, um die Signale zu verstehen, die von der portugiesischen Gesellschaft und von Militärs kommen und entscheidet sich für einen Richtungswechsel."

"Zum Teufel mit der Troika" war das Motto, unter dem die Empörten-Bewegung nach eigenen Angaben etwa 1,5 Millionen Menschen in dem kleinen Land auf die Straßen gebracht hat. Vertreter der Troika aus EU-Kommission, Internationalen Währungsfonds (IWF) und Europäischen Zentralbank (EZB) befanden sich erneut im Land, um die Umsetzung der Spar- und Privatisierungsauflagen zu überprüfen, die Portugal im Rahmen der Nothilfe 2011 in Höhe von 78 Milliarden Euro gemacht wurden. Gefordert werden von Portugal neue Einsparungen in einem Umfang von vier Milliarden Euro.

Lourenços Worte haben besonderes Gewicht im Land und in den Streitkräften. Er war einer der "Hauptmänner", die am 25. April 1974 mit der Nelkenrevolution friedlich die Diktatur stürzten und Portugal die Demokratie brachten. Schon länger schließen linke Militärs keine Maßnahmen mehr aus. Deshalb sehen sich auch die Demonstranten in der Tradition der Nelkenrevolution. Sie stimmten deshalb am Samstag das Revolutionslied "Grândola, Vila Morena" an. Die Ausstrahlung des in der Diktatur verbotenen Lieds im Rundfunk war das Startsignal für den Umsturz.

Wieder einmal machten Militärs wie beim Generalstreik im vergangenen November klar, dass das Militär an der Seite der Bevölkerung steht. Das habe man geschworen und deshalb ließen sich die "Streitkräfte nicht in die Zerstörung des Landes einbinden". Der Regierung wurde vorgeworfen, das Land an die internationalen Finanzmärkte zu verkaufen. Lourenço hofft, dass die nun begangenen "Verbrechen", nicht ungesühnt bleiben, womit er auch die hohe Arbeitslosigkeit meint. Die bringt eine massive Verarmung im Land mit sich.

Hatten sich viele Militärs bisher mit den Bürgern gegen immer neue Sparpläne, Steuererhöhungen, Streichungen von Sozialleistungen und Lohnkürzunge solidarisiert, nimmt der Unmut angesichts geplanter Sparmaßnahmen im Militär weiter zu. Die Regierung will nun 218 Millionen Euro beim Militär einsparen. Geplant seien auch Änderungen bei den Pensionen. "Der Pensionsfonds steht vor der Pleite", meinte Luis Reis. Der Präsident der Soldatenvereinigung (AP) glaubt, die Regierung habe den Fonds angezapft. Bekannt ist, dass die Regierung Coelho in den vergangen zwei Jahren Milliarden aus Pensionsfonds in den Staatshaushalt verschoben hat, um mit diesen Tricks das Haushaltsdefizit zu senken.