Wird das Öl schon bald knapp?

Schwedische Forscher warnen davor, sich auf die Zahlen der IEA zu verlassen

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Die Internationale Energie Agentur in Paris, die vom Industriestaaten-Club OECD ( Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) für die Beobachtung der internationalen Energiemärkte geschaffen wurde, spielt in ihrem neuesten Ausblick, wie berichtet, den mehr oder weniger nahen Peak Oil runter. Das ist insofern erstaunlich, als dass schon seit Monaten an Äußerungen und durchsickernden Informationen abzulesen ist, dass es bei den Mitarbeitern der Agentur in den letzten ein bis zwei Jahren einen Sinneswandel gegeben hat. Telepolis schrieb mehrfach darüber, dass die IEA vor Ölverknappung und weiteren Anstieg der Treibhausgasemissionen warnt (zum Beispiel Umbau der Industriegesellschaft?, Neue Preisexplosion? oder IEA sagt sinkendes Angebot und weiter steigende Preise für Öl voraus). Aber wie erwähnt, hat offensichtlich politischer Druck den jüngsten Bericht entschärft.

Derartig verzerrte Prognosen sind natürlich eine denkbar schlechte Grundlage für die Entscheidungen, die in den nächsten Jahren zu treffen sind. Immerhin geht es nicht nur um etliche Billionen Euro an Investitionen, über die zu entscheiden ist, sondern auch um die Stabilität der globalen Ökonomie. Aus dem Ruder laufende Energiepreise könnten beim gegenwärtigen Stand der Abhängigkeit vom Öl leicht zu einer dramatischen weltweiten Rezession führen.

Entsprechend warnt Kjell Aleklett von der Universität Uppsala (Schweden) die Regierungen davor, sich auf die IEA-Zahlen zu verlassen. Aleklett, der sich mit seiner Forschungsgruppe seit längerem der Beobachtung der Ölmärkte widmet, hat die IEA-Prognosen überprüft und hält sie für erheblich zu optimistisch. Für 2030 rechnet er eher mit einer Förderung von 75 Millionen Barrel pro Tag (Mb/d) als mit den 105 Millionen, von denen die IEA ausgeht, heißt es auf der Internetseite der "Uppsala Hydrocarbon Depletion Group".. Die globale Förderung habe mit großer Wahrscheinlichkeit bereits ihr Maximum überschritten heißt es dort. Folgerichtig hat die Studie, die Aleklett und Kollegen dem IEA-Bericht entgegensetzen, den Titel "The Peak of the Oil Age".

Tatsächlich scheint die Lage bereits jetzt relativ ernst zu sein: Die Zahlen, die die Autoren aus dem IEA-Bericht entnommen haben, zeigen, dass schon bis 2012 die Förderung der bereits erschlossenen konventionellen Ölfelder erheblich zurückgehen wird. 2006 waren es noch 71,3 Mb/d (gesamte Ölförderung einschließlich "unkonventioneller" Quellen und Kondensate etwas über 80 Mb/d), 2012 werden es voraussichtlich nur noch 56,1 Mb/d, also 15,2 Mb/d weniger sein. Der Optimismus der IEA stützt sich erstens auf sehr günstige Annahmen über das Tempo der Erschließung neuer bereits bekannter Felder, zweitens auf eine deutliche Zunahme der Entdeckung neuer Lagerstätten und drittens auf der Hoffnung, dass die Ausbeutung "unkonventioneller" Quellen, sprich der Teersände in Kanada und Venezuela, erheblich ausgedehnt wird.

Alekletts Co-Autor Simon Snowden von der University of Liverpool kritisiert diese Annahmen gegenüber dem Guardian als unrealistisch: "Wir halten die Aussagen über die künftige Förderung im Lichte historischer Erfahrungen für problematisch. Die IEA erwartet, das künftig das Öl in einem nie da gewesenen Tempo gefördert werden kann und biete für diese Annahmen keinerlei Rechtfertigung."