Japanischer Regierungschef erklärt das AKW Fukushima für sicher

Die Regierung will damit die Rückkehr der Evakuierten beschleunigen und die Ängste der Menschen dämpfen, um die vielen abgeschalteten AKWs wieder anfahren zu können

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Gerade erst hatten zwei japanische Abgeordnete und Mitglieder des unabhängigen Fukushima-Ausschusses dazu aufgerufen, das AKW Fukushima zu verstaatlichen, weil über dessen Zustand zu wenig bekannt sei und man dessen Sicherheit nicht beurteilen könne. Entschlossen hat nun der japanische Regierungschef Yoshihiko Noda alle Bedenken beiseite geräumt und erklärt, dass das AKW nun sicher und unter Kontrolle gebracht worden sei. Sicherheitshalber spricht die Regierung aber nicht davon, dass eine Kaltabschaltung (Cold Shutdown) erreicht worden sei, sondern nur von "Bedingungen" einer solchen.

Noda, der gegen die Ängste der Menschen den Weiterbetrieb der vielen noch immer stillgelegten Atomkraftwerke durchsetzen will, hat mit der Erklärung den ersten Schritt getan, der den Energiekonzernen entgegen kommt und trotz der weiter vorhandenen Kontamination vermutlich die Aufhebung der Evakuationszone einleiten soll. Zumindest sagte er bereits, dass der Tag, an dem die Menschen zurückkehren können, näher gerückt sei. Ob er damit aber Erfolg hat und nicht erst recht das durch Fukushima verstärkte Misstrauen in die Atomindustrie, die Behörden und die Pro-Atom-Politiker vertieft, steht auf einem anderen Blatt. Nach Noda würde die Temperatur in den Reaktoren 1-3, in denen es zu einer Kernschmelze gekommen ist, deren Ausmaß unbekannt ist, stabil unter 100 Grad Celsius liegen, zudem würde keine Radioaktivität mehr in die Umwelt gelangen.

Kritik kommt nicht nur von den Atomgegnern, auch Fukushimas Gouverneur Yuhei Sato meldete sich prompt zu Wort und widersprach kategorisch: "Der Unfall ist nicht unter Kontrolle gebracht worden." So steige die Kontaminierung des Grundwassers und gebe es zahlreiche andere Probleme beim AKW. Experten wie Fumiya Tanabe vom Sociotechnical Systems Safety Research Institute kritisieren, dass man von einem Cold Shutdown normalerweise dann spreche, wenn ein Reaktor auf stabile Weise im Normalbetrieb heruntergefahren wird, aber nicht, wenn die Brennstäbe nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form vorhanden sind.

Nach dem Reporter Tomohiko Suzuki, der undercover einen Monat lang im August in Fukushima als Helfer gearbeitet hat, sind die Bedingungen weitaus schlechter, als Tepco zugibt. Vieles, was man mache, sei nur zur "Show", reine Kosmetik, für die Sicherheit der Arbeiter werde kaum etwas gemacht, Heimlichkeit herrsche weiter vor.

Nach einer von der Regierung vorgelegten Roadmap geht man von 40 Jahren aus, bis das AKW vollständig abgebaut ist. Mit der Beseitigung des geschmolzenen nuklearen Materials will man 2022 beginnen, die noch vorhandenen Brennstäbe sollen bis 2014 ausgebaut und in ein Kühlbecken gebracht werden.