Folter in den Ohren

Internationale Stars starten eine Kampagne gegen den Missbrauch ihrer Musik bei der Folter von Gefangenen in Guantánamo.

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In diesen Charts möchte niemand stehen: Die Musik von rund 40 Künstlern wurde bei Folterverhören vom Militär und Geheimdienst der USA missbraucht. Das geht aus einstigen Geheimdokumenten hervor, an die Washingtoner Aktivisten mit Hilfe des Informationsfreiheitsgesetzes gelangt sind. Schon diese wenigen Protokolle belegen den Gebrauch von akustischer Folter. Demnach hat das US-Militär in Guantánamo wahre Terrorcharts zusammengestellt.

Über ein Dutzend Musiker haben am Donnerstag daher in den USA ihre öffentliche Unterstützung einer Kampagne zur Schließung der Folterzentren in der US-amerikanischen Marinebasis Guantánamo Bay auf Kuba bekannt gegeben. Unter ihnen: Tom Morello, Billy Bragg, Michelle Branch, Jackson Browne, T-Bone Burnett, David Byrne, Rosanne Cash, Marc Cohn, Steve Earle, The Entrance Band, Joe Henry, Pearl Jam, Bonnie Raitt, R.E.M., Trent Reznor, Rise Against und The Roots.

Nach Informationen von Thomas Blanton, dem Präsidenten des National Security Archive, einer unabhängigen Forschungseinrichtung an der George-Washington-Universität in der US-Hauptstadt, wurde „in Guantánamo eine Jukebox in ein Folterinstrument verwandelt“. Der US-Forscher stellte am Donnerstag mehrere Dokumente vor, die Fälle von akustischer Folter in den vergangenen Jahren beweisen. Ein solches Papier aus dem Juni 2005 führt einige der Titel auf. Die Gefangenen seien mit Stücken von „Metallica, Britney Spears und mit Rap-Musik“ in ohrenbetäubender Lautstärke beschallt worden. Dadurch wurde ein andauernder Schlafentzug provoziert – eine Methode, um den Willen der Gefangenen in Laufe von Verhören zu brechen. Auch das international scharf kritisierte „Waterboarding“ war Teil dieses Vorgehens.

Mit Unterstützung zahlreicher Stars – unter ihnen R.E.M., Pearl Jam, Tom Morello und Jackson Brown – hat das National Security Archive am Donnerstag die Freigabe aller Akten aus Militär und Geheimdienst beantragt, die über den Gebrauch von Musik im Rahmen von Folterverhören Auskunft geben. Die Initiative ist Teil der Nationalen Kampagne zur Schließung von Guantánamo, die unter anderem von dem US-amerikanischen General a.D. Robert Gard ins Leben gerufen wurde. Er sehe das Engagement der Künstler mit Sympathie, sagte der ehemalige Militär, „schließlich wurde ihre Musik, ohne dass sie davon wussten, als Teil der fehlgeleiteten Politik der Bush-Regierung missbraucht“.