Provider - kein Polizist!

Der Chef des drittgrößten britischen Internet-Providers verweigert sich den Forderungen der Musikindustrie

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Der Deal macht heute Schlagzeilen: Sechs große britische Internetprovider haben mit der Musikindustrie (BPI), dem Verband der Filmindustrie MPAA und der Regierung eine Vereinbarung getroffen, die sich gegen unlizenzierten Download richtet (siehe dazu UK: Warn-Mails und Kultur-Flatrate gegen illegale Musik-Downloads). Gegenstand der gemeinsamen Aktion: Die Internetprovider verpflichten sich erstmals, zusammen mit den Rechteinhabern für eine "signifikante Reduktion" der illegalen Downloads zu sorgen.

Welche Rolle die Provider dabei spielen, ist juristisch noch nicht klar festgelegt. Als ausgemacht gilt bislang, dass demnächst "hunderttausende Informationsmails" an Kunden verschickt werden, die von der BPI als angebliche Copyrightsünder identifiziert wurden. Dazu müssen die IPs entsprechende Nutzer identifizieren und die Daten herausgeben.

Doch sind andere Schritte - nach der Warnmail, sollte diese nicht die erwartete "heilsame Schockwirkung" haben - schon angedacht und damit auch eine andere Qualität der Kooperation. Zwar will man erstmal auf die Schockwirkung setzen und konkrete Sanktionen, heißt es, werden noch nicht angedroht, aber man redet und spekuliert und denkt laut über das französische Modell der "abgestuften Erwiderung gegen Internet-Piraten" nach: Über eine Einschränkung der Downloadkapazität bzw. eine Sperrung des Internetzugangs nach mehrmaliger Warnung. Mit der Medienaufsichtsbehörde Ofcom sollen solche Sanktions-Maßnahmen aber erst erarbeitet werden.

Die britische Regierung nennt Virgin Media, Sky, Carphone Warehouse, BT, Orange und Tiscali als die sechs Provider, welche die Vereinbarung unterzeichnet haben. Laut einer aktuellen BBC-Meldung verweigert der Mitbegründer und CEO von Carphone Warehouse, Charles Dunstone, jedoch weitere Schritte:

"Es ist nicht meine Aufgabe, Polizist im Internet zu sein."

Bezogen sind seine Worte auf die Forderung der Musikindustrievertretung BPI, wonach die Provider den Zugang von Personen, die trotz Warnung mehrfach unlizenziert heruntergeladen haben, sperren sollen. Seine Position sei sehr klar, sagte der Chef des drittgrößten britischen Internetproviders weiter:

"Wir verschaffen den Kunden Zugang zum Internet. Wir kontrollieren weder das Netz, noch kontrollieren wir, was unsere Kunden im Internet machen. [...] Ich kann auch künftig keine Umstände sehen, in denen wir freiwillig einen Kundenaccount sperren, weil eine dritte Partei eine Rechtsverletzung unterstellt."

Demgegenüber argumentiert die Musikindustrie, vertreten durch die BPI (formerly known as British Phonographic Industry), mit Schafsstimme - "Wir wollen nicht, dass die Provider Polizei spielen, sie sollen ihre Kunden erziehen" - und Wolfszähnen:

"Wenn sie (die Provider, Einf.d.A.) beim Kampf gegen die Internet-Piraterie nicht mitmachen, dann wird die Regierung entsprechende Gesetze schaffen, um sie zur Mitarbeit zu zwingen."

Zwischendrin greift der BPI-Schäfer, CEO Geoff Taylor, zwar nochmal zur süßen Leier, in der er die berechtigten Ansprüche der Kreativen besingt (welche die Musikindustrie wie bekannt seit vielen Jahren beherzigt), um dann nochmal Carphone Warehouse in die Pflicht zu nehmen:

"But such a partnership can't succeed if an ISP refuses to do anything to address the problem of illegal downloading on its network."