Hausarrest (in Gstaad) für Polanski

Schweizer Bundesstrafgericht: Polanski darf aus der Auslieferungshaft entlassen werden, muss den Reisepass abgeben und 4,5 Millionen Franken hinterlegen. Update: Bundesjustizministerin sieht keinen Anlass für Einspruch

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Geht es nach dem heutigen Urteil des Schweizer Bundesstrafgerichts, so kann dem Haftentlassungsgesuch des Anwalts des Filmregisseurs Roman Polanski stattgegeben werden. Ende Oktober hatte sich das Bundesamt für Justiz noch einem entsprechenden Gesuch verweigert, dagegen legte der Anwalt Beschwerde ein. Jetzt entschied die II. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts darüber und kam zum Schluss, "die Beschwerde ist (...) gutzuheissen". Das Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, wird mit der heutigen Entscheidung angewiesen, Polanski gegen eine Kaution in Höhe von 4,5 Millionen Franken und die Abgabe der Ausweispapiere aus der Auslieferungshaft zu entlassen. Zudem muss Polanski in den elektronisch überwachten Hausarrest in sein Ferienhaus in Gstaad.

Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig und kann innerhalb von zehn Tagen angefochten werden. Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf, die sich am Abend im Fernsehen äußerte , sieht "keinen Anlass für einen Rekurs gegen den Haftentlassungsentscheid". Für die Entscheidung des Bundesstrafgerichts sprächen "gute Gründe".

Polanski, der sich in den USA vor einem Gericht verantworten muss, wurde aufgrund eines Auslieferungsersuches in einer spektakulären und umstrittenen Aktion Ende September bei seiner Einreise in die Schweiz festgenommen und "in provisorische Auslieferungshaft versetzt" (siehe Polanski und seine Feinde).

Der Fluchtgefahr, die das Bundesamt für Justiz noch als Ablehnungsgrund für das Gesuch auf Freilassung angeführt hatte, soll vor allem mit der hohen Kaution begegnet werden. Zwar sieht das Gericht in seiner 14seitigen Entscheidung das Fluchtrisiko nach wie vor gegeben und stuft es sogar als "hoch" ein. Gegen eine mögliche Flucht spricht für das Bundesstrafgericht aber das Alter Polanskis - 76 Jahre - (das Bundesamt für Justiz hatte das Alter noch als Grund für höhere Fluchtgefahr angegeben, die Richter des Bundesstrafgerichts folgten Überlegungen, wonach die Flucht eines "vergleichsweise jungen Verfolgten" wahrscheinlicher sei als bei jemandem in fortgeschrittenem Alter). Insbesondere aber erschien dem Gericht aufgrund von vorgelegten Dokumenten die von Seiten Polanskis vorgeschlagene "Barkaution" von 4,5 Millionen Euro "als ausreichend, um die hohe Fluchtgefahr nach menschlichem Ermessen zu bannen".

Wie in der Entscheidung ausgeführt, sei nach Vorlage der Vermögensunterlagen diese Summe als beträchtlich zu beurteilen, deren Verlust dazu führen könnte, dass seiner Familie "das Zuhause entzogen werden könnte". Man setze bei Polanski als Vater von minderjährigen Kindern voraus, dass er in seinem fortgeschrittenen Alter der finanziellen Absicherung seiner Familie größere Bedeutung beimesse. Hinzu kämen die flankierenden Maßnahmen, Hausarrest, Abgabe der Papiere, die Überwachung, das "Electronic Monitoring" (dem das Gericht als Gegenmaßnahme gegen das Fluchtrisiko nicht viel Gewicht einräumt) und die Beteuerung Polanskis der über seinen Anwalt usführen ließ, "dass er gegenüber der ihn mit Argus-Augen verfolgenden Öffentlichkeit sein Gesicht verlieren würde, wenn er das abgegebene Versprechen nicht einhalten würde".