Zusätzliche Altersversorgung - ein verfehltes Rentenkonzept für die Ärmeren

Geringverdiener machen keine zusätzliche Altersversorgung, so die Präsidentin des Sozialverbands VDK

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Wenn es um die Rente geht, wird die Öffentlichkeit mit Konzepten abgespeist, die größere blinde Flecken haben, und Beruhigungen, die mit Teilwahrheiten arbeiten. Letzteres zeigt sich etwa bei dieser Stellungnahme. Die Deutsche Rentenversicherung Bund widerspricht darin Meldungen, wonach die gesetzlichen Renten künftig gekürzt werden. Sie verweist darauf, dass es eine gesetzliche Sicherungsklausel in der Rentenanpassungsformel gibt, die verhindere, dass Renten in Zukunft sinken. Das mag normengemäß richtig sein. Aber faktisch, im echten Leben?

Die Rentenanpassungen würden auch künftig an der Entwicklung der Löhne und Gehälter beteiligt sein, heißt es weiter. Allerdings mit Einschränkungen: Renten würden "weniger stark" steigen als Löhne in den kommenden Jahren. Das wird mit den "Dämpfungsfaktoren in der Rentenanpassungsformel" erklärt.

Zu den Dämpfungsfaktoren gehören der Riesterfaktor und der Nachhaltigkeitsfaktor. Der Nachhaltigkeitsfaktor hat mit der demographischen Entwicklung zu tun - vereinfacht gesagt: In einer alternden Gesellschaft stehen weniger Beitragszahlern einer größer gewordenen Menge an Beitragsempfängern gegenüber, das wird in die Rentenanpassungshöhe mit einberechnet und dämpft den Anstieg der Rente. Der Riesterfaktor wirkt Löhnen und Gehältern gegenüber ebenfalls anpassungsmindernd, weil er die staatlich geförderte Altersvorsorge (Riester-Prämie) als Mehrwert für die Rentner miteinberechnet. So profitiert die Rente nur teilweise vom Anstieg der Löhne und Gehälter.

Was aber, wenn Löhne und Gehälter ohnehin nicht mit dem Anstieg der Lebenshaltungskosten Schritt halten? Beim Zahlen der Miete, der Waren an der Supermarktskasse, der nötigen Reparaturen im Haushalt und anderen Dingen des unmittelbaren Lebensbedarfes - um von Genüssen, die darüber hinaus gehen, gar nicht zu sprechen - ist real sehr wohl spürbar, dass wenig Geld noch weniger weit reicht.

Die private staatlich unterstützte Altersvorsorge sollte die Entkoppelung vom Anstieg der Löhne und Gehälter auffangen, das war die Idee der Schröder-Regierung. Sicher ist, dass Lobbygruppen in der Versicherungsbramche davon profitiert haben. Und sonst? Das bleibt abzuwarten. Als ziemlich sicher gilt, dass eine in der jüngsten Zeit anwachsende Gruppe von Arbeitern und Angestellten, die mit befristeten Beschäftigungsverhältnissen rechnen müssen und/oder in Niedriglohnsektoren tätig sind (ein Modell, das ebenfalls unter Bundeskanzler Schröder nachhaltig gefördert wurde), gar nicht dazu kommen, davon zu profitieren.

Weil sie so wenig Einkommen haben, dass sie nicht in die private Vorsorge investieren können. Diese Anlage schaffen genau diejenigen nicht, die am dringendsten auf eine Aufbesserung ihrer künftigen Rente angewiesen sind. Damit sie sich sich vor Altersarmut schützen können. Das steckt im Kern der Kritik, die Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbands VDK, nun gegenüber der Tageszeitung Die Welt äußert.

Menschen mit geringem Einkommen würden keine zusätzliche Altersvorsorge machen, so Ulrike Mascher. Dazu betont sie, dass "seit Einführung der Riester-Rente vor zehn Jahren etwa Preise und Gesundheitskosten stärker gestiegen (seien) als die gesetzliche Rente". Ihr Fazit:

"Das Konzept, die Absenkung der gesetzlichen Rente aufzufangen durch eine Ergänzung im Bereich der privaten zusätzlichen Altersvorsorge, ist bisher nicht aufgegangen."

Die kontinuierliche Erwerbsbiografie ist eine wichtige Voraussetzung für die Rentenberechnung. Für viele ist das ein "Härtefaktor" (Mascher). Wer kann eine solche Erwerbsbiografie später noch vorweisen?

Der Schlüssel für eine gute Rente liege "in fair bezahlter Arbeit", wird Mascher von der Zeitung wiedergegeben - und mit der Forderung das Rentensystem nachzubessern.

Dazu gehört laut VdK-Grundpositionen insbesondere die Streichung der Dämpfungsfaktoren in der Rentenanpassungsformel - um das allgemeine Rentenniveau (bei Durchschnittsverdienst nach langjähriger Beitragszeit) deutlich über das Grundsicherungsniveau zu heben.