Luxemburger zweifeln an ihrem Geheimdienst

Nachrichtendienst soll durchleuchtet werden

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Der Luxemburger Geheimdienst Service de renseignement de l'État (SREL) ist im Zuge diverser Affären in die Kritik geraten, u.a. wegen des Abhörens eines Gespräches zwischen Premierminister Jean-Claude Juncker und Großherzog Henri. Letzterer geriet in Verlegenheit, nachdem der vormalige SREL-Chef Marco Mille behauptet hatte, der großherzogliche Hof unterhalte wohl gute Kontakte zum britischen Geheimdienst.

Laut einer Umfrage des Luxemburger "Journals" glauben nur 22% der Befragten dem Dementi des Hofmarschallamts. Die Befragten sind zudem wenig erbaut über die Tatsache, dass die Lëtzeburger Schlapphüte in den letzten Jahrzehnten 300.000 Karteikarten über Bürger, Ausländer und politische Parteien angelegt haben. Eine Mehrheit verlangt ein Einsichtsrecht in die Datenbanken und bezweifelt die Notwendigkeit eines Geheimdienstes, berichtet das Luxemburger Tagblatt. Mille war 2009 zu Siemens als Sicherheitschef gewechselt.

Misstrauen gegen Luxemburger Geheime produzierte vor allem die Bommeleeër-Affäre ("Bombenlegeraffäre"), bei der zwischen 1986 und 1987 mysteriöse Anschläge auf Strommasten verübt wurden. In den letzten Jahren wurden Hinweise bekannt, die auf eine Inszenierung durch Sicherheitskreise hindeuten. In diesem Zeitraum gab es auch in anderen NATO-Staaten bis heute ungeklärte Anschläge, die politisch links stehende Gruppen sowie die Umweltbewegung in Misskredit brachten. Inzwischen tritt ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss an, um die "Funktions- und Arbeitsweise des Geheimdienstes seit seinem Bestehen" zu ergründen, berichtet das Luxemburger Wort.

Auch das deutsche parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) für Geheimdienste will unter dem Eindruck der NSU-Morde und der Serie an Ermittlungsdesastern seine Arbeit intensivieren, die nach parteiübergreifender Auffassung völlig unzureichend ausgestaltet ist. Nach einer zweitägigen Klausur beklagte die erstmals entsandte FDP-Politikerin Gisela Piltz, effektive Kontrolle bedürfe mehr als einer Reihe von Abgeordneten, die in einem fensterlosen und abhörsicheren Raum zusammensäßen. Zudem ist geplant, die operative Arbeit des PKGr mit drei weiteren, besonders befugten Mitarbeitern stärken. Der frühere BGH-Richter Wolfgang Nešković, der bislang als eifrigstes Mitglied des parlamentarischen Kontrollgremiums galt, gehört diesem nicht mehr an. Nešković hatte nach Querelen die Linksfraktion verlassen.