Honduras: Putschisten setzten auf Verzögerung

Micheletti-Regime will sich bis zu den Wahlen Ende November halten. "Bedingungslose Unterstützung" von FDP-naher Stiftung.

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Eine politische Lösung der Staatskrise in Honduras wird immer unwahrscheinlicher. Nach rund einwöchigen Verhandlungen hat Patricia Rodas, die Außenministerin der gewählten Regierung von Präsident Manuel Zelaya, den Dialog praktisch für beendet erklärt. „Der von der Organisation Amerikanischer Staaten eingeleitete Prozess ist an der Unnachgiebigkeit der Diktatur gescheitert“, sagte Rodas gegenüber Pressevertretern während eines Gipfeltreffens des Staatenbundes ALBA im bolivianischen Cochabamba. Die Gespräche waren in der vergangenen Woche aufgenommen worden. Ziel war eine Lösung der schweren Staatskrise, die das mittelamerikanische Land seit dem Putsch gegen Präsident Zelaya am 28. Juni erleidet.

Auch Vertreter der Demokratiebewegung halten Roberto Micheletti eine Verzögerungstaktik vor. Der ehemalige Parlamentspräsident hatte nach Zelayas Sturz die Macht in Honduras ergriffen. Nach Ansicht der Demokratiebewegung will sich sein Regime bis zum regulären Wahltermin Ende November an der Macht halten, um seine Herrschaft dann an den Urnen zu legitimieren. Auf die Forderung nach einer Rückkehr zu Demokratie und Verfassungsmäßigkeit reagieren die Machthaber deswegen mit zunehmender Gewalt. Die Nationale Widerstandsfront gegen den Staatsstreich beklagte in ihrem letzten Kommunique vom Donnerstag, dass der Ausnahmezustand weiter aufrechterhalten wird. Die Aussetzung der Grund- und Bürgerrechte war zwar mündlich zurückgenommen worden, um internationale Kritiker zu beschwichtigen. Jedoch wurde der Beschluss nicht im Gesetzblatt publiziert und hat deswegen keine Rechtskraft. Armee und Polizei gehen nach Aussagen von Augenzeugen wie gewohnt brutal gegen Regimegegner vor.

Trotz des offensichtlichen Scheiterns der Gespräche suchen die Verhandlungsdelegationen in der honduranischen Hauptstadt Tegucigalpa weiter nach einer Lösung. Ein Ultimatum der Zelaya-Regierung wurde am Freitag zum zweiten Mal verlängert. Bis zum Montag soll nun eine Lösung des letzten strittigen Punktes erreicht werden: die Wiedereinsetzung Zelayas. Im letzten Moment hatte das Micheletti-Regime am Freitag erklärt, diese Entscheidung dem Obersten Gerichtshof zu überlassen – einem von den Putschisten dominierten Gremium. Ein erstaunlicher Schwenk: Seit dem Putsch nämlich hatte sich Machthaber Micheletti stets auf seine „Ernennung“ durch das Parlament berufen.

Die Unnachgiebigkeit der Putschisten mag auch der Ermunterung durch politische Kräfte aus Europa geschuldet sein. Während internationale Menschenrechtsorganisationen angesichts massiver Menschenrechtsverletzungen Alarm schlagen, bot der Präsident der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung, Wolfgang Gerhardt, dem Machthaber Micheletti, den er als „Excelentísimo Señor Presidente de la República de Honduras“ ansprach, seine „bedingungslose Unterstützung“ an. Parallel zum Beginn der OAS-Verhandlungen gab Gerhardts lokaler Vertreter, Christian Lüth, der regimenahen Presse in Honduras mehrere Interviews. Auch darin bekräftigte der Jungfunktionär die Unterstützung des Gewaltregimes durch seine Stiftung. Die Behauptung, diese Haltung würde in Berlin unterstützt, wird im Auswärtigen Amt jedoch dementiert. Öffentlich thematisieren will die eigenmächtige Politik der Politstiftung angesichts der laufenden Regierungsbildung im Berliner Außenamt derzeit jedoch niemand.

Doch auch unabhängig von den Angriffen der in Honduras relativ einflussreichen Naumann-Stiftung auf den Verhandlungsprozess sehen Beobachter kaum mehr Möglichkeiten für eine diplomatische Lösung. „Wir kann man einen Dialog mit Gehörlosen führen?“, so die rhetorische Frage von Bertha Oliva von der Menschenrechtsorganisation COFADEH. „Die De-facto-Regierung setzt ganz offensichtlich auf eine Verzögerungstaktik“, sagte Oliva am Samstag im Gespräch mit Telepolis. Der Putschistenchef „versucht, das heiße Eisen nach den Wahlen an einen Nachfolger weiterzureichen“. Eine Lösung der schweren Staatskrise werde es dadurch aber nicht geben, so die Menschenrechtsverteidigerin: „International werden diese Wahlen und ihr Ergebnis nicht anerkannt werden“.