Sklaven-Restaurant wird geschlossen

Nach Telepolis-Bericht: Berliner Genossenschaft kündigt Gastronom, der Köchin aus Äthiopien festgehalten und ausgebeutet hat

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Ein afrikanisches Restaurant in Berlin, in dem eine Köchin aus Äthiopien über eineinhalb Jahre hinweg unter sklavenähnlichen Bedingung festgehalten und ausgebeutet wurde, wird geschlossen. Die Genossenschaft „Weiberwirtschaft“ sprach dem Betreiber des Spezialitätenrestaurants KoKeBe in Berlin die fristlose Kündigung aus. Der Vorstand der Genossenschaft, die eine Förderung von Frauen im Unternehmerbereich zum Ziel hat, berief sich dabei auf einen Telepolis-Bericht ( "Sklaverei in Berlin-Mitte") von Ende April.

Ende vergangenen Monats war die Geschädigte unter dem Pseudonym Lakech Demise vor die Presse getreten. Pikantes Detail: Das Skandal-Restaurant befindet sich im gleichen Gewerbehof der „Weiberwirtschaft“, in dem auch die Pressekonferenz stattfand. Demise stellte ihren Fall dabei mit Hilfe der Menschenrechtsorganisation Ban Ying vor, die im ersten Stock des Gebäudekomplexes arbeitet. Das Restaurant befindet sich im Hinterhof.

In einer E-Mail-Mitteilung an die Mietparteien informierte der Vorstand der Frauengenossenschaft nun über die Kündigung des Restaurants, in dem Demise von Juni 2004 bis zu ihrer Flucht im Dezember 2005 festgehalten wurde. Die Geschäftspolitik der Gaststättenbetreiber sei „mit den Zielen unserer Genossenschaft unvereinbar“, heißt es in dem Schreiben. Der Vorstand habe sich versichern können, dass die in dem Telepolis-Artikel beschriebenen Vorgänge gerichtlich bestätigt wurden.

Im Gespräch mit Telepolis begründete eine der Vorstandvorsitzenden, Katja von der Bey, die späte Reaktion. Zwar habe man von den Vorwürfen gewusst, sagte sie. Bis zum Beweis des Gegenteils sei man aber von der Unschuld des Angeklagten ausgegangen. Dass die Konsequenzen aus dem Skandal erst gut ein Jahr gezogen werden, nachdem der Restaurantbetreiber vom Amtsgericht Berlin-Tiergarten wegen Menschenhandels verurteilt wurde, erklärt von der Bay mit dem Vorgehen der Geschädigten. Die inzwischen 45-jährige Demise habe den Fall erst jetzt öffentlich gemacht. „Erst damit hatten wir eine Handhabe, um dem verurteilten Betreiber des Restaurants wegen eines klaren Verstoßes gegen unsere Satzung zu kündigen. Darin wird als Ziel die „Stärkung von Frauen auf wirtschaftlichem, sozialem und kulturellem Gebiet“ genannt.

Nach Angaben der Organisation Ban Ying werden in Berlin pro Jahr fünf bis zehn Fälle von moderner Sklaverei publik. In vielen Fällen handelt es sich bei den Geschädigten um Hausangestellte, die unter Gewaltandrohung festgehalten und nicht oder unzureichend entlohnt werden. In mehreren Fällen waren von solchen Skandalen Diplomatenhaushalte betroffen, was die Strafverfolgung der Verantwortlichen fast unmöglich macht. Im Fall Lakech Demises wurde erstmals ein Urteil zu moderner Sklaverei gefällt.