Doch keine Lösung in Honduras

Wenige Tage nach Unterzeichnung: Putschisten nehmen wieder Abstand von Abkommen mit gewählter Regierung.

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die Enttäuschung ist nun so groß wie zuvor der Jubel: Wenige Tage nach der Unterzeichnung eines Abkommens zwischen der gewählten Regierung von Honduras unter Präsident Manuel Zelaya und dem herrschenden Putschistenregime ist eine einvernehmliche Lösung der Staatskrise am Wochenende wieder in die Ferne gerückt. Das Regime von Machthaber Roberto Micheletti hatte sich am Donnerstag in einer mehrseitigen Vereinbarung zur Bildung einer „Regierung der Nationalen Versöhnung“ bereiterklärt. Dieses Übergangsregime sollte bis zum Antritt einer neuen Regierung am 27. Januar kommenden Jahres die Staatsführung übernehmen und die international geforderte Rückkehr Manuel Zelayas in das höchste Staatsamt gewährleisten. Die Entscheidungsbefugnis liege alleine beim Kongress, hieß es.

Unmittelbar nach der Unterzeichnung folgte aber die Ernüchterung. Eine Rückkehr Zelayas in das Präsidentenamt sei wohl „nicht vor einem Monat“ möglich, sagte Armando Aguilar, einer der Unterhändler von Machthaber Roberto Micheletti, laut einer Meldung der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“. Bis zum regulären Wahltermin am 29. November sei keine weitere Sitzung der Abgeordneten geplant. Vertreter der Demokratiebewegung forderten dessen ungeachtet die Einberufung einer Dringlichkeitssitzung.

Aguilar bestätigte damit eine Befürchtung des Protestbündnisses Nationale Widerstandsfront gegen den Staatsstreich. Die Putschisten versuchen die Verhandlungen über eine Rückkehr Zelayas bis zum Wahltermin zu verschleppen, heißt es von deren Seite. Ziel sei es, die internationalen Kritiker zu besänftigen und zugleich ein den Putschisten nahe stehendes Nachfolgerregime zu inthronisieren.

Nach Auskunft der argentinischen Tageszeitung "Página/12" wäre eine Revidierung des Putsches durch den Nationalkongress, der den Staatsstreich am 28. Juni mehrheitlich unterstützt hat, ohnehin schwierig geworden. Die gewählte Regierung wäre auf die Unterstützung von 65 der 128 Abgeordneten angewiesen. Nach Zählung von "Página/12" kann sich Zelaya derzeit aber nur 29 Stimmen sicher sein. "Wir sind nun auf die Hilfe von Pepe angewiesen", zitiert das Blatt Zelaya mit Bezug auf den rechtsgerichteten Präsidentschaftskandidaten Porfirio „Pepe“ Lobo von der Nationalen Partei. So oder so wäre eine Lösung im Rahmen des Donnerstagabkommens auf einen Kompromiss mit der am Putsch beteiligten Oligarchie hinausgelaufen.

Schon am Freitag hatte die Widerstandsfront, ein Bündnis aus rund 100 sozialen Organisationen, zu weiteren Straßenprotesten aufgerufen. Dieser Druck sei nötig, „damit der letzte Punkt der Vereinbarungen (die Wiedereinsetzung Zelayas) umgehend umgesetzt wird“, heißt es in der inzwischen 32. Erklärung der Demokratiebewegung seit dem Putsch am 28. Juni dieses Jahres.

Im Interview mit dem lateinamerikanischen Fernsehsender Telesur warnte die US-venezolanische Juristin und Buchautorin Eva Golinger indes vor dem Einfluss Washingtons. Mit den laufenden Verhandlungen, an denen im Rahmen der „Organisation Amerikanischer Staaten“ auch der US-Diplomat Thomas Shannon beteiligt ist, werde versucht, die Protestbewegung zu isolieren, so Golinger. Zugleich warnte sie vor der wachsenden Putschgefahr in anderen Staaten der Region: „Nicaragua befindet sich dabei eindeutig im Visier“.