Tiefe Geothermie in der Krise

Annäherung an die Oberfläche könnte helfen

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Die tiefe Geothermie, also die Nutzung der Erdwärme, startete vor einigen Jahren als großer Hoffnungsträger. Als kontinuierliche Energiequelle sollte sie ganze Stadtteile zeitlich unbegrenzt mit (Wärme-)Energie versorgen. Doch mit den durch das Fracking der Bohrung bei Basel ausgelösten Erdstößen begann eine Pannenserie, die bis heute anhält. Die Genehmigungsverfahren wurden verschärft. Jetzt steht die Anlage im pfälzischen Landau vor der Pleite, die Betreiber EnergieSüdwest und Pfalzwerke hätten für den Betrieb allein 2011 1,3 Mio. Euro Verlust gemacht. Denn die Vermarktung der geförderten Wärme ist aufwendig, es müssen Wärmenetze verlegt werden und es muß in der Nähe genug Abnehmer geben.

Aktuell gibt es neue ungeahnte Probleme mit der GeneSys-Bohrung bei Hannover. Zwar freute man sich zunächst, als man in 4.000 Metern auf 160° heißes Wasser stieß, doch anders als geplant hat Salz aus höhergelegenen Erdschichten den Weg in die Wärmetauscherschichten gefunden. Mit dem Aufstieg des erwärmten Frac-Wassers kühlte sich dieses ab, was zu Salzausfällungen im Ringraum und später auch im Förderstrang führte. Am Ende behinderten die Salzkristalle den Wasserfluss so sehr, dass die Wasserförderung gestoppt werde musste.

Hochstimmung dagegen bei den Kollegen von der oberflächennahen Geothermie. Energiequelle ist hier, indirekt über das Grundwasser oder Erdreich, die Sonne. Mittlerweile sind in Deutschland rund 265.000 Anlagen zur Nutzung der oberflächennahen Geothermie mit Wärmepumpen in Betrieb. Neben viel geringeren Bohr- bzw. Verlegekosten für die Erdkollektoren oder Sonden kommt dieser Form der Heizung zugute, dass sie auch von offizieller Seite gefördert wird. So verspricht sich das BMU von Wärmepumpenheizungen eine Nutzung von mehr selbst produziertem Solarstrom direkt vor Ort ( EEG-Eigenverbrauch) und damit weniger Netzeinspeisung von Solarstrom oder alternativ die Entlastung der Netze durch Abnahme von Strom zu Überschusszeiten - und damit endlich mal eine Anwendung für die jetzt verbindlichen "intelligenten" Stromzähler.

Durch eine Annäherung an die Oberfläche könnte aber auch die tiefe Geothermie wieder Aufwind bekommen. Denn während die Grundwassertemperatur der ersten Meter Tiefe noch jahreszeitlich bedingt unter die 10° Marke fällt, nimmt die Temperatur bei uns pro Kilometer um durchschnittlich 30° zu. Bohrungen von 100 m sind auch bei Erdsonden für Einfamilienhäuser bereits Standard. Eine Bohrung von 500 Metern brächte schon direkt rund 25° warmes Heizwasser ohne die Bohrkosten und Unwägbarkeiten der Großprojekte und könnte die "etwas tiefere" Geothermie auch für kleinere Gebäude und Baugruppen wieder attraktiv machen.