Wird Sarkozy grün?

Der französische Präsident will 2010 eine CO2-Steuer einführen

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"Es ist an der Zeit, eine ökologische Besteuerung einzuführen", sagte Nicolas Sarkozy. Komisch, dass ihm das ausgerechnet dann einfällt, nachdem die Finanz- und Wirtschaftkrise große Löcher in den Haushalt gerissen hat. "Unsere größte Herausforderung ist die Veränderung des Klimas", meint er plötzlich. Dabei sticht das Land nun mal so gar nicht durch die Förderung von erneuerbaren Energien hervor und trieb eher den Ablasshandel voran.

Sarkozy kündigte an, jede ausgestoßene Tonne Kohlendioxid werde 2010 mit 17 Euro besteuert. Dabei muss er sich sogar die Kritik der Befürworter anhören, die mindestens 20 bis 30 Euro pro Tonne fordern, um eine signifikante Änderung des Verbrauchs bewirken zu können. Er versprach deshalb, im Laufe der Zeit werde die ungeliebte Steuer weiter angehoben. Zunächst wird die neue Steuer bedeuten, dass die Preise für Diesel und Heizöl um 4,5 Cent und die für Benzin um vier Cent je Liter steigen werden. Die Abgabe zielt aber nicht allgemein auf einen sinnvollen Umgang mit Energie, denn nur fossile Brennstoffe werden verteuert. Im Atomstromland Frankreich, das gut 80 % seines Stroms über Atomkraft produziert, soll der Strom nicht teurer werden. Das wird von Atomkraftwerkgegnern als erneute heimliche Förderung der französischen Atomkraft kritisiert. "Die Stromproduktion in Frankreich stößt nur wenig CO2 aus", will Sarkozy weismachen. Er will die Atomenergie auch zum Ökostrom umdefinieren und treibt deren Renaissance voran.

Dass es darum ginge, leeren Staatskassen zu füllen, wies Sarkozy zurück. "Das Ziel ökologischer Steuerpolitik ist nicht das Füllen der Staatskasse, sondern die Franzosen und die heimischen Unternehmen zur Änderung ihres Verhaltens anzuregen", sagte er. Die Entscheidung zur Einführung der Steuer sei nicht leicht gefallen. Sie erlaube es aber, bei den entscheidenden Verhandlungen über ein weltweites Klimaschutzabkommen im Dezember in Kopenhagen aus einer starken Position heraus zu agieren, um auch andere Länder von der Notwendigkeit der CO2-Steuer zu überzeugen, sagte Sarkozy.

Leicht wird es nicht haben, sein Vorhaben umzusetzen. Nach neuesten Umfragen lehnen zwei Drittel bis drei Viertel der Bevölkerung die Pläne ab. Sie befürchten, dass im schlimmsten Konjunkturabschwung nun die Kaufkraft der Bevölkerung weiter beschnitten wird und letztlich das Drehen an der Steuerschraube nur ökologisch angestrichen wird, an der andere schon ganz offen drehen, wie im Nachbarland Spanien. Dass Sarkozys spanischer Kollege die Maßnahme am Freitag bei deren Treffen "interessant" fand, darf angesichts des riesigen Staatsdefizits, das José Luis Rodríguez Zapatero dieses Jahr mit seiner improvisierten Krisenbekämpfung gerissen hat, niemanden verwundern. Kurz zuvor hatte er bereits die Mineralölsteuer erhöht, aber dabei vergessen, den grünen Mantel über den Bruch des Wahlversprechens zu werfen.

Schmackhaft macht Sarkozy die Steuer mit dem Versprechen, die Einnahmen daraus bis auf den letzten Cent zurückzugeben. Die Haushalte sollen bei der Einkommenssteuer entlastet werden. Dabei hänge es aber davon ab, ob der auf dem Land oder in der Stadt läge. Auf dem Land, wo ein öffentliches Verkehrssystem praktisch nicht existiert, sei es nicht möglich darauf auszuweichen. Jene Familien, die wegen niedriger Einkommen nicht steuerpflichtig sind, sollen sogar mit einem "grünen Scheck" vom Finanzamt belohnt werden. Ob die Steuererleichterung zwischen 112 und 142 Euro die Mehrkosten für Sprit, Heizung… ausgleichen können, darf ohnehin bezweifelt werden, zumal höhere Energiekosten die Preise für nahezu alle Güter in die Höhe treiben, womit Väterchen Staat mit einer Mehrwertsteuer von 19,6 % dann erneut kräftig die Hand aufhält.