Schwere Krise in spanischen Fußballstadien

Das Madrider Modell ist gescheitert und die EU prüft nun auch auf unzulässige Steuervergünstigungen in Spanien

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Die müden Kicker von Real Madrid sind am späten Mittwoch vom FC Bayern aus der Champions League geschossen worden. Für den hoch verschuldeten Club ist das ein Debakel, weil erhoffte Millioneneinnahmen ausfallen. Vor allem das Madrider Konzept, sich mit teuren Spielern sportlichen Erfolg zu kaufen, ist gescheitert. Daran ändert nichts, dass die Mannschaft wohl erstmals wieder spanischer Meister wird, nachdem Madrid am Wochenende das entscheidende Spiel in Barcelona gewonnen hat.

Auch Wirtschaftsprofessor José María Gay de Liébana, der sich besonders gut in der Ökonomie der Vereine auskennt, zweifelt an Madrid. Er sah den Club schon vor dem verlorenen Spiel gegen die Bayern deutlich unter Druck. Der Professor der Universität von Barcelona beziffert in einer neuen Studie die Schulden des Clubs auf 590 Millionen Euro , auch wenn Real Madrid sie nur mit 170 Millionen angibt. Doch diese Rechnungen überzeugen den Kenner nicht. Real lägen die Königlichen bei den Schulden noch vor dem Konkurrenten FC Barcelona und auch vor dem lokalen Rivalen Atlético Madrid.

Die sportlichen Erfolge hätten den Umsatz des FC Barcelona, der stark auf eigenen Nachwuchs setzt, in den letzten vier Jahren um 56 Prozent gesteigert. Real Madrid konnte seine Umsätze dagegen nur um 36 Prozent steigern, gab aber enorme Summen für Spieler aus, weshalb der Club dringend Erfolge benötige. Allein für Cristiano Ronaldo und Santos Leite (Kaká) wurden mitten in der tiefen Wirtschaftskrise Spaniens 2009 fast 160 Millionen Euro gezahlt. Während Ronaldo erfolgreich ist, sitzt Kaká aber meist auf der Auswechselbank und soll nun verkauft werden. Einst wurde seine Ablösesumme auf eine Milliarde Euro festgelegt, dabei dürfte Madrid kaum die 65 Millionen bekommen, die bezahlt wurden.

Auch wenn der Verein die Meisterschaft gewinnt, ist das nun nur ein Trostpflaster. Denn es stehen entscheidende Veränderungen an, weil die Schulden den Vereinen über den Kopf wachsen. Allein die Erstligavereine saßen zum Ende der Saison 2010/2011 auf einem Schuldenberg von gut 3,5 Milliarden Euro, 50 Millionen mehr als in der Vorsaison. Wegen der Hinweise, dass die spanische Regierung einen Schuldenschnitt für riesige Steuerschulden plant, hat nun auch EU-Kommission Ermittlungen eingeleitet. Sie prüft, ob Vergünstigungen gegen die EU-Richtlinien verstoßen. Man habe eine Klage erhalten, sagte der Sprecher von EU-Wettbewerbskommissar Antoine Colombani.

Woher sie kam, sagte er nicht, in Spanien wird aber vermutet, dass sie aus Deutschland und konkret vom FC Bayern kommen könnte. Schließlich hatte dessen Präsident Uli Hoeneß einen möglichen Schuldenerlass als "Hammer" und "undenkbar" bezeichnet. Die Kommission hat weitere Informationen gefordert, um die Vorgänge zu prüfen. Es ist bekannt, dass die solide wirtschaftenden Bayern entsetzt sind, dass spanische Clubs immer wieder Schulden bei den Steuer- und Sozialversicherungskassen gestundet werden.

Es soll besser werden

Allein die Steuerschulden bezifferte der Minister für Kultur und Sport am Mittwoch auf 673 Millionen Euro. Wie die Differenz zu den 752 Millionen zustande kommt, welche die Regierung im März nannte, ist unklar. José Ignacio Wert gab zu, dass sich der Eindruck aufgedrängt habe, die Vereine erhielten eine Sonderbehandlung. Denn jede normale Firma wäre längst gepfändet und geschlossen worden. Der Ligaverband (LFP) hat deshalb am Mittwoch mit dem Kontrollrat für Sport und dem Ministerium nun ein "Anti-Schulden-Protokoll" unterschrieben. Nun sollen die Vereine die Schulden bis 2020 bezahlen.

Bei Verstößen soll sogar der Ausschluss aus dem Wettbewerb möglich werden, doch umgesetzt werden soll das Protokoll erst in der Saison 2014-15. Als Druckmittel ist vorgesehen, 35 Prozent der Gelder bei der LFP einzufrieren, welche die Clubs aus den TV-Übertragungsrechten einnehmen. Erst wenn der Steuernachweis erbracht sei, soll das Geld freigegeben oder an die Steuerbehörde überwiesen werden. Doch die Frage bleibt, von welchem Geld sollen Vereine Schulden bezahlen, die nicht einmal die Gehälter ihrer Spieler bezahlen können? Deshalb kam es sogar zum Saisonbeginn zum Streik in der ersten und zweiten Liga.

Doch ohne einen Schuldenerlass und einer allgemeinen Reform kann das kaum gelingen, auch wenn Wert und der LFP-Präsident José Luis Astiazarán betonten, dass die "Schulden des Fußballs der Fußball selbst begleichen muss". In Spanien war man schon immer kreativ, wenn es um versteckte Subventionen ging. So wurde zum Beispiel Real Madrid 2001 schon einmal auf Kosten der öffentlichen Hand entschuldet. Das Trainingsgelände wurde zu einem völlig überhöhten Preis an die Stadt verkauft, um den Schuldenberg zu verkleinern.

Um die kleineren Vereine lebensfähig zu halten, fordert viele Vereine wie auch Liébana eine gerechtere Verteilung der Fernsehgelder, um ihre Einnahmen verbessern zu können. Denn die werden in Spanien von den Vereinen einzeln ausgehandelt. Gut die Hälfte der Gesamtsumme streichen Madrid und Barcelona ein und bei Real Madrid sind das gut ein Drittel der gesamten Einnahmen. Sie werden angesichts der tiefen Wirtschaftskrise in Zukunft ohnehin niedriger ausfallen. Und wenn hier wie angekündigt reformiert wird, geht das zu Lasten von den beiden großen Clubs und verschlimmert ihre Finanzlage weiter. Dabei wurden vor allem Clubs wie Madrid, mit anders als Barcelona auf ausländische Stars setzen, erst kürzlich wieder besonders bei der Erhöhung der Einkommenssteuer geschont. Besonders wird damit erneut Madrid besonders subventioniert und sein wenig nachhaltiges Geschäftsmodell.

Interessant sind auch die Bezüge die Liébana schon 2009 zwischen den Fußballclubs und dem abstürzenden Spanien hergestellt hat. "Der Fußball ist das lebende Abbild der spanischen Wirtschaft", schrieb er. "Es waren Jahre, in denen wir mehr ausgegeben als eingenommen haben und wir haben uns höher verschuldet, als wir es real konnten." Wenn die Verluste andauerten, wie er inzwischen nachgewiesen hat, hat der spanische nicht genug Reserven. Ein "globaler Bankrott" schließt er nicht aus. "Es ist die Konsequenz eines völlig unhaltbaren ökonomischen Modells."