Hallo, Vorratsdatenspeicherung, (un)schön, dass du so schnell vorbeikommst

Außer Kontrolle

Die Vorratsdatenspeicherung wird seitens der Großen Koalition umgesetzt werden. Dabei setzt man auf warme Worte, die der Beruhigung dienen sollen.

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Der Koalitionsvertrag, der im Gesamtwortlaut z.B. bei welt.de nachgelesen werden kann, enthält vieles, was den Befürchtungen, dass mit der Großen Koalition das "Worst of Both Worlds", also das Schlimmste beider Welten/Parteien zu erwarten ist, neue Nahrung geben wird.

Das (insbesondere als Sanktionsmittel für Jugendliche vorgesehene) Fahrverbot für Delikte, die nichts mit der Verkehrstauglichkeit zu tun haben, hat bereits für Kritik gesorgt, doch der Vertrag enthält noch viel mehr, was in den nächsten Tagen voraussichtlich zu Unmutsbekundungen führen wird. Beispielsweise das klare Bekenntnis zum Christentum, verbunden mit der Ankündigung, man werde an der Kirchensteuer festhalten, weil "diese den Kirchen Planungssicherheit gebe". Und die Ankündigung, die Vorratsdatenspeicherung umzusetzen. Zwar wurde aus Beruhigungszwecken auf einen genauen Termin verzichtet - doch es heißt nicht, dass etwas nicht angestrebt wird. Vielmehr wird betont, dass die Richtlinie zur VDS umgesetzt werden soll:

Wir werden die EU-Richtlinie über den Abruf und die Nutzung von Telekommunikationsverbindungsdaten umsetzen. Dadurch vermeiden wir die Verhängung von Zwangsgeldern durch den EuGH. Dabei soll ein Zugriff auf die gespeicherten Daten nur bei schweren Straftaten und nach Genehmigung durch einen Richter sowie zur Abwehr akuter Gefahren für Leib und Leben erfolgen. Die Speicherung der deutschen Telekommunikationsverbindungsdaten, die abgerufen und genutzt werden sollen, haben die Telekommunikationsunternehmen auf Servern in Deutschland vorzunehmen. Auf EU-Ebene werden wir auf eine Verkürzung der Speicherfrist auf drei Monate hinwirken.

Erneut wird auf die Zwangsgelder verwiesen, was gerade in Krisenzeiten (obgleich ja die Krise momentan eher eine Art herumwirbelnde Fahne ist, denn je nach Thema befindet sich Deutschland mal in der Krise und mal nicht) eher zu einer Zustimmung zur Umsetzung führen kann (obgleich auch andere Richtlinien nicht fristgerecht umgesetzt und Zwangsgelder in Kauf genommen werden). Und im nächsten Satz wird noch einmal beruhigend angemerkt, dass die Daten nur bei schweren Straftaten und natürlich nur mit Richtervorbehalt genutzt werden

sollen

(wobei "sollen" hier letztendlich, (setzt man das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes um) der falsche Terminus ist. Hier müsste stehen, dass ein Zugriff nur ... "erfolgt" - ohne das einschränkende "soll", welches im rechtlichen Gebrauch "das heißt muss, wenn ich kann" bedeutet).

Dass die EU-Kommission, die auf der Richtlinie beharrt, sich irgendwelchen Verhandlungen bezüglich der Speicherfrist gegenüber offen zeigt, ist mehr als unwahrscheinlich. Diese Anmerkung ist letztendlich nur ein weiteres kleines Zuckerkügelchen um den bitteren Geschmack der Richtlinienumsetzung zu übertünchen. Dass die CDU/CSU die VDS befürwortet, war nie wirklich strittig. Insofern wirkt sie in dieser Thematik konsequenter und ehrlicher als die SPD, die seit Beginn der Diskussion zwischen "ja", "nein", "ja, aber-" und "unser ja heißt doch eigentlich nein" sowie einem pseudohilflosen "aber wir können ja nicht anders" schwankte.