Kinderlose als glückliche Außenseiter

Demografie: In Frankreich sind Kinder die Norm

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Mit „Deutschland wird zur Rentnerdemokratie“, überschrieb neulich die FAZ einen Bericht, der einer Gesellschaft, in der immer mehr Ältere immer weniger Jüngeren gegenüberstehen, in Aussicht stellt, dass sich eine konservative Grundmentalität festsetzt, weil diese von den Älteren, die den Status quo über alles schätzen und wenig verändern wollen, garantiert wird.

In dem Bericht geht es vor allem um den großen Konsens, der über Parteien hinweg dem 160 Milliarden Euro teure „Rentenpaket“ zukommt; was die Jüngeren angeht, so wird nicht so sehr das Problem der künftigen Arbeitsplätze angesprochen, sondern einmal mehr die Befürchtung laut, dass die Beitragszahler "ausgehen". Das Problem der wenigen Geburten in Deutschland wird weiter von vielen Seiten her aufs Tapet gebracht.

Bereits in den vergangenen Wochen gehörten Diskussionen in der Zeitung darüber, inwieweit Kinderkriegen mit derzeitigen Lebensentwürfen und Ansprüchen zu vereinbaren sind, zu den meist diskutierten. Sie steckten voller Reflexionen über Optimierung, Stress, Tagesmanagement, abschreckenden Beobachtungen von Eltern und Ängsten, als Konter gab es dann selbstgerechte Angriffe von Eltern im finanziell sorgenbefreiten Milieu - die gehobene, gut ausgebildete, artikulierte Mittelklasse sprach und bedachte.

Wäre es denn möglich, dass die Entscheidung für Kinder ganz trivial auch damit zusammenhängt, nach welchen Konventionen die umgebende Gesellschaft lebt? Diesen Gedanken legen Zahlen des französischen nationalen Instituts für demografische Studien ( INED) nahe. Demnach ist die Wahl "kinderlos zu bleiben" in Frankreich ein Randphänomen.

Eine Studie, durchgeführt an einer Stichprobe von rund 8.500 Frauen und Männer nim Alter zwischen 15 und 49 Jahren, ermittelte, dass nur 5 Prozent der Frauen und Männer kein Kind wollen. Unter den 3.373 befragten Männern waren es 6,3 Prozent, die angaben, keine Kinder haben und keine wollen, unter den 5.275 Frauen 4,3 Prozent. Die Hälfte der Befragten würden in einer Partnerschaft leben, heißt es.

"In Frankreich ist die Wahl, kinderlos zu bleiben, die Wahl einer Minderheit", kommentiert das INED. Die Häufigkeit einer solchen Erklärung habe seit zwei Jahrzehnten nicht zugenommen. Französischen Medien zeigten die dunklen Seiten der in Frankreich offensichtlich verbreitete Norm auf, wonach Kinder zum erfüllten Paarleben gehören. Sie berichten vom Druck, der auf die Normabweichler, insbesonder auf die Frauen ausgeübt wird, in Foren, im Privatleben etc.

Das INED stellt demgegenüber heraus, dass die Paare ohne Kinder alles andere als unglücklich scheinen, denn sie stellen ihre Entscheidung als eine Wahl der Freiheit für ein gutes Leben dar.