Umverteilung

Haushalte finanzieren nicht nur die Gewinne der Stromkonzerne, sondern auch den Verbrauch industrieller Großkunden

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Der Präsident der Deutschen Industrie-und Handelskammer Hans Heinrich Driftmann hat sich dafür ausgesprochen, die Verbraucher von längeren AKW-Laufzeiten profitieren zu lassen. In der Neuen Osnabrücker Zeitung erklärte Driftmann: "Am besten wäre es, die Mehreinnahmen würden den Stromkunden direkt über Preissenkungen zugute kommen." Dann würden Unternehmen und private Verbraucher zugleich entlastet.

Dabei übersah Driftmann allerdings großzügig und sicherlich ohne irgend ein Eigeninteresse, dass es zwischen privaten Haushalten und Unternehmen einen gewissen Unterschied gibt: Letztere bekommen den Strom schon jetzt wesentlich günstiger, wobei im letzten Jahr die Schere sogar noch weiter aufgegangen ist. Nach dem Virivox-Verbraucherpreisindex bezahlt ein durchschnittlicher Vier-Personen-Haushalt mit 4000 Kilowattstunden-Jahresverbrauch 22,36 Cent pro Kilowattstunde (KWh). Im Vergleich zum Vorjahr sei das eine Steigerung von 5,8 Prozent. "Sondervertragskunden", das heißt Großabnehmer, zahlen hingegen 8,5 Prozent weniger als noch vor einem Jahr.

Auch der Strommarkt entpuppt sich also als ein Mittel der Umverteilung von unten nach oben. Größter Nutznießer des Ganzen sind allerdings die Energieversorger. Die Preisentwicklung auf dem Großmarkt zeigt nämlich in eine ganz andere Richtung. An der Leipziger Strombörse sind die Preise mächtig gepurzelt. "Vergleicht man die Quartalspreise für Grundlaststrom," schreibt verivox, "haben sich die Großhandelspreise im Laufe des letzten Jahres halbiert." Laut Statistischem Bundesamt (destatis) seien diese günstigeren Preise bereits bei den Stromversorgern angekommen, jedoch offensichtlich nicht bei den Privatkunden.

Energiepreise
Der Strompries steigt, für die Haushalte schneller als für Großverbraucher (Bild: Satistisches Bundesamt)

Nach destatis-Angaben war schon 2007 der so genannte Grenzpreis für die privaten Haushalte um 4,9 Prozent und damit überdurchschnittlich gestiegen. Der Grenzpreis definiert den durchschnittlichen Erlös der Versorgungsunternehmen und enthält weder Mehrwert- noch Stromsteuer. 1991 zahlten Sonder- also Großabnehmer einen Grenzpreis von 7,74 Cent pro Kilowattstunde, 2007 waren es 8,57 Cent, wie aus einer Tabelle der Statistiker hervorgeht. Inflationsbereinigt wird der Strom für Großkunden also sogar billiger. Ganz anders bei den Privaten und anderen Kleinabnehmern: 1991 zahlten sie 11,84 Cent pro KWh, 2007 waren es bereits 16,11 Cent.