Auswanderung lässt portugiesische Bevölkerung vergreisen

Nach Angaben der Statistikbehörde schrumpft die Bevölkerung bis 2060 um zwei Millionen, zurück bleiben die alten Menschen

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Die langfristigen Aussichten für Portugal werden immer schlechter. Die extreme Auswanderungswelle hat nun auch die Statistikbehörde (INE) alarmiert. Die Statistiker in der Hauptstadt weisen auf einen dramatischen Zusammenhang zwischen krisenbedingter Auswanderung, fallenden Geburtenraten und Vergreisung hin. Während das Land immer mehr junge Menschen auf Suche nach einem Job und einer Perspektive verlassen, sinkt gleichzeitig in der Krise die Geburtenrate weiter. Das wird zu einer massiven Vergreisung der Bevölkerung führen.

Die INE-Statistiker gehen zudem davon aus, dass die Bevölkerung bis 2060 um fast zwei Millionen auf nur noch 8,6 Millionen schrumpfen wird. Verantwortlich dafür sind Auswanderung und geringe Geburtenraten, die in der Krise Urstände feiern. Tatsächlich haben 2012 jeden Monat 10.000 Portugiesen das Land verlassen. Nach Angaben der Statistiker waren es 121.418 und damit mehr als in der großen Auswanderungswelle der 1960er Jahre.

Schon 2011 war die Zahl gegenüber dem Vorjahr deutlich gestiegen. Auch wenn noch keine Daten für 2013 veröffentlicht wurden, kann davon ausgegangen werden, dass dieser Trend angehalten hat. Die Tatsache, dass die portugiesische Zentralbank kürzlich gemeldet hat, dass die Überweisungen aus dem Ausland 2013 um 10% gegenüber dem Vorjahr auf drei Milliarden Euro gestiegen sind, macht das deutlich. Im Vorjahr waren die Überweisungen gegenüber 2011 um 13,2% gestiegen.

Dazu kommt, dass die Geburtenraten heftig fallen, weil viele Menschen sich einfach keine Kinder mehr leisten können. Denn Armut und die Kinderarmut wachsen wie in den anderen Krisenländern auch in Portugal. 2013 kamen in dem armen Land am westlichen Rand Europas nach Angaben der Gesundheitsbehörde nur noch 82.538 Kinder zur Welt. Das waren noch einmal 7.303 weniger als im Vorjahr. 2012 waren es gegenüber 2011 sogar 17.757 weniger.

Aus diesen beiden Faktoren ergibt sich, wie die INE-Statistiker vorrechnen, dass Portugal zunehmend vergreisen wird. 2012 kamen auf 100 junge Menschen noch 131 alte Menschen. Die Schere soll nach INE-Angaben bis 2060 weit auseinander gehen, wenn 307 Alte auf 100 Junge kommen. Kommen heute noch etwa 340 Menschen im arbeitsfähigen Alter auf 100 Senioren, sollen es 2060 nur noch 149 sein. Man muss wahrlich kein Wahrsager sein, um vorhersehen zu können, dass dies jedes Rentensystem kollabieren lassen wird.

Das Land, das im Mai den Rettungsschirm verlassen will, sieht aber einer traurigen Zukunft entgegen. Portugal hat es, ähnlich wie Irland mit der Auswanderung geschafft, die offizielle Arbeitslosenquote auf 15,3% zu senken. Dass es wegen der Geldschwemme durch die Europäische Zentralbank (EZB) wieder zu bezahlbaren Zinsen an Kapital zur Refinanzierung kommt, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Lage wie in Irland deutlich verschlechtert hat, denn die Verschuldung ist nun in gefährliche Dimensionen von fast 130% der jährlichen Wirtschaftsleistung angeschwollen.

Es ist klar, dass die Sozialsysteme angesichts der Auswanderung und der Vergreisung in Zukunft immer weiter in Schieflage geraten werden. Für eine positive Entwicklung im Land ist zudem alles andere als förderlich, dass es vor allem gut gebildete junge Menschen sind, die das Land verlassen. Und das ist ein grundlegender Unterschied zu der Auswanderungswelle in den 1960er Jahren. Es ist ein Brain Drain zu beobachten, der Portugal seit Jahren ausbluten lässt. Und Deutschland profitiert von dieser Situation.