RedTube: Versäumnisurteil gegen "The Archive AG"

Urmann + Collegen kniffen am Amtsgericht Potsdam

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Gepeinigte Abmahnopfer, welche sich die Gängelei wegen angeblichen und vorgeblich rechtswidrigem Betrachten von Streaming via RedTube nicht bieten lassen wollten, hatten den Spieß herumgedreht und Massenabmahnerin The Archive AG auf Feststellung verklagt, dass die behaupteten Ansprüche nicht bestünden. Wie die Kanzlei der Abmahnopfer mitteilt, erschienen zur mündlichen Verhandlung am Amtsgericht Potsdam weder die beklagte Firma noch deren Prozessbevollmächtigte, die Kanzlei Urmann, obwohl der Termin bereits mehrfach auf deren Wunsch verschoben worden war.

Erwartungsgemäß wurde ein Versäumnisurteil erlassen. Das Gericht soll den Klägern zufolge an den Erfolgsaussichten keinen Zweifel gelassen haben. Wie ca. 99,9% der juristischen Fachwelt hält auch das Amtsgericht Potsdam das Betrachten von gestreamten Werken für urheberrechtlich irrelevant.

Ein Versäumnisurteil kann durch einfachen Einspruch wieder aus der Welt geschafft und der Prozess fortgesetzt werden. Insoweit könnte es sich insgesamt um Verzögerungstaktik handeln, mit der sich die Rechtsunsicherheit über die RedTube-Abmahnungen noch ein paar Wochen aufrecht erhalten ließe. Im Falle eines rechtskräftigen Musterurteils stünde fest, dass die gigantische Abmahnwelle Ende 2013 das versandte Papier nicht wert war, so dass auch die fleißigen Rechtsanwälte sich nicht mehr auf Naivität herausreden könnten. Allerdings dürften etliche Abmahnopfer brav gezahlt haben.

Die offensichtlich unberechtigten Abmahnungen lösten theoretisch Schadensersatzfolgen nach dem letztes Jahr neugefassten § 97a UrhG aus. So könnte etwa Ersatz für die Kosten für die veranlasste Inanspruchnahme anwaltlicher Dienste gefordert werden. Dies würde allerdings eine entsprechende finanzielle Potenz der schillernden Firma The Archive AG voraussetzen, bei der es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Briefkastenfirma handeln wird, die dem Vernehmen nach nicht einmal einen eigenen Briefkasten besitzen soll. Das vom Kabinett Merkel II in letzter Minute beschlossene Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken hat den Abmahn-Missbrauch im Fall RedTube nicht verhindert.