Japan: Unabhängigkeit für Okinawa?

Auf dem "unsinkbaren Flugzeugträger" der USA vor der Küste Chinas regt sich Unmut über die fremden Soldaten und das ferne Tokyo

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die einflussreiche japanische Zeitung Mainichi wirft in ihrer englischsprachigen Ausgabe China vor, eine Unabhängigkeitsbewegung auf Okinawa zu unterstützen. Die Insel ist die größte der Ryukyu-Inselgruppe südlich der japanischen Hauptinseln. Bis ins späte 19. Jahrhundert existierte dort ein gleichnamiges, zuletzt nur noch formal unabhängiges Königreich. Bevor es mehr und mehr unter den Einfluss benachbarter japanischer Herrscher kam, hatte es einige Jahrhunderte lang den Status eines Vasallenstaates der chinesischen Kaiser.

Die heute etwa 1,4 Millionen Köpfe zählende Bevölkerung, die eine eigene, aber dem japanischen verwandte Sprache spricht, ist offenbar nie so richtig warm mit dem nördlichen Kaiserreich geworden, in das ihr Land einverleibt wurde. Beigetragen haben dazu sicher Versuche, sie zu assimilieren, die nach der Annexion im Jahre 1879 einsetzten.

Am Ende des Zweiten Weltkrieges kam es auf Okinawa zu einer mehrmonatigen Schlacht zwischen US-Truppen und japanischem Militär, die rund 200.000 Zivilisten, ein Viertel der damaligen Bewohner, das Leben kostete. Im Anschluss wurden die Inseln bis 1972 von den USA verwaltet, bevor sie an Japan zurück gegeben wurden. Noch heute befinden sich auf Okinawa mehrere Dutzend US-Stützpunkte, die einen erheblichen Teil des Territoriums einnehmen und gegen die es immer wieder Proteste aus der Bevölkerung gibt. 52.000 Militärs und Zivilisten sind in den Basen beschäftigt.

Besonders verbittert sind viele Insulaner wegen häufiger gewalttätiger Übergriffe auf Frauen durch die Soldaten, für die diese nicht vor lokalen Gerichten zur Rechenschaft gezogen werden können. 2009 hatte im Wahlkampf die seinerzeit erfolgreiche Demokratische Partei versprochen, die Truppen von der Insel zu verlegen. Doch geschehen ist nichts. Statt dessen sollen sie auf der Insel in einen neuen Stützpunkt umziehen, der ebenfalls höchst umstritten ist.

Doch bei aller Enttäuschung über die japanische Politik scheint die Schar der Unabhängigkeitsbefürworter klein. Letztes Jahr ergab eine Meinungsumfrage einer lokalen Zeitung, dass eine Loslösung vom japanischen Kaiserreich nur von knapp fünf Prozent der Einwohner unterstützt wird. Aber für Tomochi Masaki von der oben erwähnten Unabhängigkeitsbewegung ist das nur Ausdruck “der langen Geschichte kolonialer Beherrschung Okinawas durch Japan”. Und das Magazin The Diplomat fragt bereits, ob Okinawa das Schottland Ostasiens werden könnte.

Auf einem ganz anderen Blatt steht derweil, ob es für eine solche Entwicklung tatsächlich Unterstützung des offiziellen Chinas gäbe. Eigentlich ist es eher unwahrscheinlich, dass die Regierung in Beijing (Peking) angesichts der diversen in der Volksrepublik schwelenden Minderheitenkonflikte eine derartige Büchse der Pandora vor ihrer Haustür geöffnet sehen möchte.