Ex-Manager von Pleitebank Lehman Brothers als Eurogruppenchef?

Ausgerechnet der spanische Wirtschaftsminister Luis de Guindos soll Eurogruppechef werden

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Schon die Ernennung des 54-jährigen Luis de Guindos zum spanischen Wirtschaftsminister war höchst umstritten. Doch nun könnte der Politiker der konservativen Volkspartei (PP), der 1960 in der spanischen Hauptstadt Madrid geboren wurde, ausgerechnet zum Hüter des Euro werden. Einiges spricht dafür, dass der studierte Ökonom im Postenkarussell in Brüssel Chef der Eurogruppe werden könnte. Und dieser Posten soll nun sogar noch weiter aufgewertet werden und in Zukunft ständig besetzt sein.

Da der Sozialdemokrat Martin Schulz Präsident des Europaparlaments wurde und der konservative Luxemburger Jean-Claude Juncker kommende Woche EU-Kommissionspräsident wird, soll in der Aufteilung der Ressorts ein Sozialdemokrat nun den mächtigen Posten des EU-Kommissars für Wirtschaft und Währung übernehmen, wenn Olli Rehn abtritt. Dafür ist auch der derzeitige Chef der Eurogruppe Jeroen Dijsselbloem im Gespräch. Auf dessen Sessel soll dann ein Konservativer gehievt werden. Und den Posten, so hatten diverse Medien sogar schon gemeldet, soll der Spanier übernehmen. De Guindos habe dafür angeblich auch die Unterstützung aus Berlin.

Doch nicht nur in Spanien sehen viele darin ein schlechtes Omen und zweifeln an dessen Fähigkeiten, an denen schon bei der Ernennung zum Wirtschaftsminister gezweifelt wurde. Wurde damals ein Bock zum Gärtner gemacht, soll nun sein Garten deutlich vergrößert werden.

Dass an ihm gezweifelt werden darf, zeigt schon ein Blick auf seine "Erfolge" in den vergangenen drei Jahren. Die wirtschaftliche Lage in Spanien ist weiter sehr schlecht. Hinter Griechenland weist das Land mit mehr als 25% die zweithöchste Arbeitslosigkeit in Europa aus.

Wichtiger ist aber, dass De Guindos Top‑Manager der US‑Investmentbank Lehman Brothers war, als die 2008 in die Pleite abschmierte. Sie gilt als Wahrzeichen der Finanzkrise, denn die Pleite sandte weltweit Schockwellen aus. Banken wurden gerettet und auch seine spanische Heimat musste zur Bankenrettung unter den europäischen Rettungsschirm gehen. Und die Bankia-Bank, die mit mehr als 20 Milliarden Euro das meiste Geld in Spanien verschlang, wurde von Rodrigo Rato geführt, der 2012 abtreten musste. Der war bis 2004 spanischer Wirtschaftsminister. De Guindos war in der Zeit dessen Staatssekretär, als die Konservativen die Grundlagen für die gefährliche Immobilienblase legten.

So wurde einerseits kritisiert, dass praktisch das gesamte Land zum Bauland deklariert wurde, um den Boom weiter anzuheizen. Andererseits wirft sogar die Bankenvereinigung (AEB) den Konservativen vor, dass sie an der Regierung mit der Kultur fester Zinsen gebrochen hätten, mit der sich die Blase nie so gefährlich aufgebläht hätte. Dass der derzeitige spanische Wirtschaftsminister vor seiner Ernennung 2011 auch im Verwaltungsrat der Bank Mare Nostrum saß, ist ebenfalls ein Teil seines Lebenslaufes, der dagegen spricht, seinen Garten auf die Eurozone zu vergrößern. Denn die Bank musste kurz nach seinem Ausscheiden 2012 ebenfalls durch Verstaatlichung mit Steuergeldern vor der Pleite gerettet werden.

Von der Hochschule von Opus Dei zu den Lehman Brothers

De Guindos ist kein Vollblut-Politiker. Als seine Konservativen 2004 überraschend abgewählt wurden, ging der Vater von zwei Kindern nicht in die Opposition. Er nahm eine Lehrtätigkeit an. Doch er lehrte nicht an irgendeiner Universität, sondern an der Hochschule des katholischen Geheimbundes Opus Dei UNAV in Navarra. Da die vor allem in der ultrakonservativen Vatikansekte rekrutiert, wird vermutet, dass auch De Guindos den Fundamentalisten angehört. Ohnehin sind vier spanische Minister bekannte Mitglieder des Opus Dei. Diese relativ schlecht bezahlte Tätigkeit gab er bald auf und wechselte zu Lehman Brothers. Für die US-Investmentbank war er für Spanien und Portugal verantwortlich. Nach deren Pleite wechselte er zum Unternehmensberater PricewaterhouseCoopers (PwC), wo er bis zur Ernennung zum Minister Ende 2011 tätig war.

Über die Personalien wird vermutlich auf dem außerordentlichen EU-Gipfel am kommenden Mittwoch in Brüssel entschieden. Am Montag stellt sich Juncker vor dem Europaparlament zur Wahl, womit sich das Postenkarussell weiter drehen kann. Unbedeutend ist, wenn De Guindos offiziell mit Blick auf eine Unterstützung aus Berlin nun erklärt, dass der EU-Stabilitätspakt umgesetzt werden müsse. Denn in der Realität fällt Spanien seit Jahren unter diesem Wirtschaftsminister dafür auf, wie gegen alle Defizitziele massiv verstoßen wird, obwohl die in Brüssel immer wieder nach oben verschoben wurden. Zudem tut das Land alles, um sein reales Defizit immer wieder zu verschleiern. Wenn zudem ein Politiker einer Partei, die bis an ihre Spitze in Korruption- und Schwarzgeldskandale verstrickt ist und sich über 20 Jahre illegal finanziert hat, diesen wichtigen Posten übernimmt, wäre das auch eine Ernennung mit Signalwirkung.