Empörte wollen das spanische "Regime" stürzen

Die neue Podemos-Partei hat ihren Generalsekretär gewählt, um aus dem Stegreif die kommenden Parlamentswahlen zu gewinnen

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Die neue Linkspartei "Podemos" (Wir können es) schwimmt weiter ganz oben auf einer Zustimmungswelle in Spanien. Die aus der Bewegung der Empörten hervorgegangen Partei hat am Wochenende ihren Generalsekretär und ihre Führung gewählt, mit der die Parlamentswahlen im kommenden Herbst aus dem Stegreif gewinnen will. Mit großer Mehrheit hatten über das Internet die Anhänger wie erwartet Pablo Iglesias zum Generalsekretär gewählt.

Pablo Iglesias. Bild: Podemos

Auf den Politikprofessor und derzeit beliebtesten spanischen Politiker entfielen fast 89 Prozent der gut 107.000 abgegebenen Stimmen. Nicht einmal die Hälfte der 250.000 registrierten Stimmberechtigten hat sich beteiligt und weniger als bei der Verabschiedung der Statuten im Oktober. Denn allen klar war, dass der Europaparlamentarier gewinnen würde, weil die Vorentscheidung mit den Statuten gefallen war. Die Gruppe um Iglesias, die nun klar bestätigt wurde, hatte sich dabei mit ihren Vorstellungen durchgesetzt. Sie wollte sich mit nur einem Parteisprecher ganz auf die Parlamentswahlen konzentrieren und deshalb nicht selbst bei den Kommunalwahlen im Mai antreten.

"Es war eine sehr schwierige Arbeit", sagte Iglesias im Rückblick am Samstag nach der Wahl vor tausenden Anhängern in Madrid auf einer "Bürgerversammlung". Podemos war nur wenige Monate vor den Europaparlamentswahlen im Mai gegründet worden und in Umfragen wurde ihr nur ein Sitz prognostiziert. Real wurden es fünf Parlamentarier und seither erlebt die Partei einen Höhenflug. Kürzlich stellte das staatliche Forschungsinstituts CIS fest, dass sie bei der direkten Wählerabsicht nun an erster Stelle vor der regierenden konservativenVolkspartei (PP) steht. Die oppositionellen Sozialdemokraten (PSOE) hat sie längst abgehängt.

Podemos will an die Macht, denn die Empörung über die Kürzungs- und Sparpolitik und klare Demokratiedefizite sollen zum Sturz des "zusammenbrechenden Regimes" führen. "Nach unserem Wahlsieg werden die wirklichen Schwierigkeiten aber erst beginnen", warnte Iglesias. Es geht um den Sturz der "Kaste", wie Podemos die beiden großen Parteien nennt, die sich über Jahrzehnte an den Fleischtöpfen abgelöst hätten.

Sie will einen "konstituierenden Prozess, um das Schloss zu öffnen", das 1978 nach dem Ende der Diktatur mit der Verfassung angelegt wurde. Die sicherte die Monarchie ab, die Diktator Franco restauriert hatte. Vom ihm wurde der König als Nachfolger ernannt und der ließ die Verfassung ausarbeiten, die von PP und PSOE verteidigt wird und den Verbrechern der Diktatur Straflosigkeit bescherte. Wenn Podemos von der Kaste "beleidigt und diffamiert wird, dann lacht, weil wir gewinnen werden", sagte Iglesias. Er zitierte damit den Generalsekretär der baskischen Linkspartei Sortu (Aufbauen). Arnaldo Otegi sitzt im Knast und konnte nicht am Kongress teilnehmen. Iglesias richtete damit auch eine Botschaft an Basken und Katalanen, die für ihr Selbstbestimmungsrecht kämpfen, das Podemos verteidigt.

Unterstützt wurde Podemos durch viele Linkspolitiker. Besonderen Applaus erhielt der griechische Oppositionsführer Alexis Tsipras. Der Syriza-Chef, der nach Umfragen Ministerpräsident werden soll, erklärte: "Gemeinsam können wir die politische Agenda in Europa ändern und für Entwicklung und die Schaffung von Arbeitsplätzen sorgen." Dafür müssten die progressiven Kräfte in Spanien und in Europa zusammenfinden.