Der Wetterbericht für Kepler-62f

Kepler-62. Bild: NASA Ames/JPL-Caltech/T.Pyle

Kühle Tage, eisige Nächte: Planet Kepler-62f, 2013 entdeckt, scheint bisher der am besten für Leben geeignete Exoplanet zu sein - jedenfalls wenn die Parameter der Simulation stimmen

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Falls der Himmel nicht von Wolken bedeckt ist, sollten Sie an einem lauen Juniabend mal in Richtung Osten blicken. Dort finden Sie einen recht hellen Stern, die Wega, und südlich davon vier weitere Sterne, die ein Parallelogramm bilden. Sie haben damit das Sternbild Leier identifiziert. Nun schnappen Sie sich das nächstbeste Raumschiff und düsen möglichst nah an der Lichtgeschwindigkeit immer geradeaus in diese Richtung, wobei Sie sich leicht nach rechts halten.

Nach 1200 Jahren Erdzeit (keine Sorge, Sie altern ja währenddessen kaum) sollten Sie einen roten Zwergstern in Flugrichtung entdecken. Wegen seiner Entdeckung mit dem Weltraumteleskop Kepler trägt er den nicht sehr fantasievollen Namen Kepler-62. Lassen Sie sich davon nicht abschrecken, denn mit etwas Glück beherbergt der fünfte, äußerste Planet seines Planetensystems, Kepler-62f Leben, mit dem Sie vielleicht einen pangalaktischen Donnergurgler trinken können.

Oder auch nicht. Denn tatsächlich wissen wir derzeit noch sehr wenig über Ihr Reiseziel. Bekannt ist, dass Kepler-62f den 1,4-fachen Erdradius besitzt, ein Jahr dort 267 Erdtage lang ist und dass er sich in der habitablen Zone seines Gestirns bewegt. Das hat er mit seinem Schwesterplaneten Kepler-62e gemeinsam. Für diesen haben die Forscher bei einer Energie-Einstrahlung von 120 Prozent im Vergleich Oberflächentemperaturen von über 100 Grad Celsius berechnet, so dass Leben, wie wir es kennen, nur dann möglich wäre, wenn die Sonneneinstrahlung irgendwie abgeschirmt würde, etwa durch eine dichte Wolkendecke mit hoher Albedo.

Kepler-62f wiederum liegt leider am entgegengesetzten Ende der bewohnbaren Zone und erhält drei Fünftel weniger Energie von seinem Gestirn als die Erde. Das beschert ihm aller Voraussicht nach kalte Tage und eiskalte Nächte. In der Fachzeitschrift Astrobiology berichtenUS-Forscher nun, welches Klima einen Reisenden auf Kepler-62f wahrscheinlich erwartet. Das Problem: Die Masse des Planeten ist ebenso wenig bekannt wie seine Achsneigung. Die Simulation der Forscher kann deshalb nur mehrere Szenarien vorschlagen, ohne dass eines davon letztlich richtig sein muss. Es ist also deutlich zu früh, die Sachen für einen Umzug zu packen.

Ideal: Wenn auf Kepler-62f zahlreiche Kepler-Kühe lebten und Autos umherfahren

Was sagen die Simulationen? Womöglich umkreist Kepler-62f seine rote Sonne wie der Mond die Erde, indem er ihr immer dieselbe Seite zuwendet. Das würde dieser Seite ein Wärme-Plus bescheren, das allerdings auch mit starken atmosphärischen Konvektionsbewegungen (vulgo Stürmen) verknüpft wäre, während die Wärme sich um den Planeten verteilt. Statistisch spricht anhand des Radius von Kepler-62f einiges dafür, dass er etwa dreimal so schwer wie die Erde ist. Das würde dem Exoplaneten erlauben, eine dichte Atmosphäre an sich zu binden. Und die braucht er auch, wenn auf seiner Oberfläche Leben möglich sein soll.

Ideal wäre es, wenn auf Kepler-62f zahlreiche Kepler-Kühe lebten und Autos umherfahren würden - denn erst ab einem CO2-Druck von fünf Bar (Erde: 0,0004 Bar) liegen unabhängig von der Achsneigung des Planeten die Durchschnittstemperaturen hoch genug, dass flüssiges Wasser existieren kann. Bei drei Bar bestünde bei einem tatsächlich gebundenen Orbit immerhin die Chance, dass eine Eishülle zumindest monatsweise auftaut. Alternativ würde eine hohe Achsneigung von 60 bis 90 Grad (Erde: 23 Grad) bei drei Bar CO2-Druck ebenfalls annehmbare Temperaturen gewährleisten.

Ein Besucher könnte unter solchen Umständen nicht aus seinem Raumanzug steigen, denn allein das Kohlendioxid der Kepler-62f-Atmosphäre übt ja schon mindestens den dreifachen Druck der gesamten Erdatmosphäre an der Oberfläche aus. Dazu kommt die dreifach höhere Anziehungskraft des Planeten. Die Forscher sind trotzdem begeistert - so nah sind sie dem Nachweis der Bewohnbarkeit eines Planeten durch Leben, wie wir es kennen, bisher noch nicht gekommen.