Generalbundesanwaltschaft weist Strafanzeigen wegen Syrien-Einsatz der Bundeswehr ab

Inherent Resolve ist nach der Generalbundesanwaltschaft ein guter und legitimer Krieg, weil es ein "derartiger multinationaler, defensiv ausgerichteter und von vielfältigen politischen Initiativen flankierter Militäreisatz" ist. Bild: DoD

Legitim sei er wegen der "breiten Koalition" mit "breitem politischen Ansatz"

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Auf dem Nato-Gipfel in Warschau wurde der Einsatz von AWACS-Überwachungsflugzeugen zur Unterstützung der von den USA geführten Koalition gegen den IS in Syrien und im Irak beschlossen. Damit beteiligt sich nicht nur jetzt die Nato als Verband an dem Militäreinsatz in Syrien und im Irak, sondern auch die Bundeswehr. Ein Drittel der Besatzung der Nato-AWACS, die auf dem NATO-Flugplatz Geilenkirchen bei Aachen stationiert sind, sind nach Angaben der Bundeswehr deutsche Soldaten.

Mit dem AWACs-Einsatz wäre die Bundeswehr noch stärker als bislang am Krieg gegen den IS beteiligt, in Syrien gibt es weiterhin völkerrechtliche Bedenken gegenüber der US-Koalition, die von Washington freilich als "globale Koalition" tituliert wird. Zunächst hatte die Bundeswehr begonnen, Kämpfer der Peschmerga-Milizen im Irak auszubilden und mit Waffen zu beliefern, nach dem Terroranschlag in Paris im November beschloss der Bundestag Anfang Dezember, die Franzosen im Kampf gegen den IS mit bis zu 1200 Soldaten zu unterstützen, es ging aber vielmehr darum, die Gelegenheit zu nutzen, Deutschland stärker in die Koalition einzubinden.

Noch im Dezember wurde eine Fregatte ins Mittelmeer verlegt, zudem wurden Tornado-Aufklärungsflugzeuge sowie Tankflugzeuge für die Luft-zu-Luft-Betankung von Kampfflugzeugen auf den türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik verlegt. Den dürfen bekanntlich deutsche Abgeordnete nicht zum Besuch der dort stationierten deutschen Soldaten betreten. Trotzdem will die Bundesregierung angeblich für 65 Millionen Euro auf dem türkischen Stützpunkt einen eigenen Bereich für die Bundeswehr ausbauen.

Eine Awacs-Maschine der Nato. Bild: Nato

Die Entsendung der Bundeswehr zur Teilnahme am Krieg gegen den IS in Syrien stieß nicht nur deswegen auf Bedenken, weil fraglich ist, inwiefern Aufklärungsdaten über die PKK an die Türkei weitergegeben werden, sondern weil Deutschland damit aktiv an einem Kriegseinsatz teilnimmt, der von Kritikern als völkerrechtswidrig betrachtet wird, weil die syrische Regierung nur Moskau, aber nicht Washington und seine Alliierten um Beistand gebeten hat.

Die Fraktion der Linken im Bundestag hat gegen den Einsatz gestimmt. Vor allem, weil man ihrer Meinung nach den Terror nicht militärisch besiegen könne, aber auch wegen des "Legalitätsproblems". Sie hatte Norman Paech, Professor für Verfassungs- und Völkerrecht i.R. der Universität Hamburg, beauftragt, eine verfassungs- und völkerrechtliche Analyse des Syrieneinsatzes auszuarbeiten. Er kommt in seiner Analyse zum Schluss, dass der Einsatz sowie die gesamte militärische Aktion der US-geführten Koalition gegen das Völkerrecht verstoßen (Syrien-Einsatz: "Schwerer Verstoß gegen geltendes Völker- und Verfassungsrecht"). Art. 51 der UN-Charta treffe auf einen Kampf gegen den IS, der völkerrechtlich kein Staat sei, nicht zu, zumal nicht unterstellt werden kann, dass die syrische Regierung den IS kontrolliert: "Würden militärische Verteidigungsmaßnahmen gegen einen Staat zugelassen, dem die Terroranschläge nicht zugerechnet werden können, so würde das nicht nur faktisch die Aufhebung des Schutzes der territorialen Integrität, sondern auch des Gewaltverbots führen."

Bei der Bundeswehr ist nichts zum Problem des Völkerrechts zu finden, sondern man argumentiert letztlich damit, dass der Kampf gegen das Böse gut sein muss und der militärische Einsatz nur Teil eines Gesamtkonzepts zur "politischen Befriedung" sei: "Die deutsche militärische Unterstützung ist eingebettet in einen breiten politischen Ansatz, der von der großen Mehrheit der Staatengemeinschaft getragen wird und der auf politischer, diplomatischer, humanitärer, entwicklungspolitischer, militärischer und rechtsstaatlicher Ebene wirkt. Dieser Ansatz hat zum Ziel, den "IS" einzudämmen und den Irak so zu stabilisieren, dass alle Bevölkerungsgruppen angemessen eingebunden werden, und durch diplomatische Bemühungen auf internationaler Ebene eine nachhaltige politische Befriedung Syriens und der Region zu erreichen.

Im Juni hat die Linke schließlich eine Klageschrift beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Der militärische Syrien-Einsatz sei verfassungswidrig, weil er nicht von der UNO durch Resolutionen des Sicherheitsrates gedeckt sei. Zudem ist es auch kein offizieller Einsatz der Nato, wozu allerdings in Warschau bereits erste Schritte mit der Entsendung der AWACS gemacht wurden. In Syrien wird Deutschland auch nicht verteidigt, weil das Selbstverteidigungsrecht den Angriff eines Staates voraussetze, was der IS aber nicht ist, er wird auch nicht von der syrischen Regierung kontrolliert, unterstützt oder auch nur gedeckt.

§ 80 Vorbereitung eines Angriffskrieges Wer einen Angriffskrieg (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes), an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.

Nach der Entscheidung vom Dezember, die Bundeswehr am Anti-IS-Einsatz der US-geführten Koalition in Syrien zu beteiligen, haben offenbar viele eine Strafanzeige gegen Angela Merkel, Ursula von der Leyen und alle Abgeordneten, die sich für den Syrieneinsatz ausgesprochen haben, eingereicht. Eingeschlossen waren auch die Soldaten, die mit Planung und Umsetzung des Einsatzes beteiligt waren. Es gab im Dezember auch schon aufrufe an die Soldaten, die Mitwirkung am Einsatz zu verweigern. Der Vorwurf lautete auf Vorbereitung eines Angriffskriegs. Zur massenhaften Einreichung aufgefordert hatte u.a. Lukas Puchalski, der auch Vorlagen bereitstellte.