Etuis, Aufkleber oder Gewöhnung?

Kombination aus Feuerzeug und Zigarettenetui. Foto: Joe Haupt. Lizenz: CC BY-SA 2.0

Die Schockbilder auf Zigarettenpackungen haben den Verbraucher erreicht

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Im letzten Jahr wies der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine Klage der Tabakhersteller Philip Morris und British American Tobacco ab und entschied, dass die EU-Mitgliedsländer Zigaretten- und Drehtabakanbieter dazu zwingen dürfen, die Verpackungen ihrer Produkte mit Ekelbildern von Blut spuckenden Frauen und Krankheiten zu bedrucken, die Warnungen vor gesundheitlichen Risiken des Rauschens großflächig illustrieren sollen (vgl. EuGH bestätigt Abschreckungspolitik gegen Raucher). Danach hatten die Mitgliedsländer ein Jahr lang Zeit, die entsprechende EU-Richtlinie umzusetzen.

In Deutschland gilt die Umsetzung dieser Richtlinie seit Mai 2016. Dass Raucher davon aber auch im Juni und Juli selten etwas merkten, lag daran, dass vorher gefertigte Verpackungen ohne Ekelbilder legal abverkauft werden durften. Erst jetzt, im August, überwiegen an Kiosken und in Supermärkten die Zigaretten- und Drehtabakverpackungen, die Raucher dazu bewegen sollen, von ihrer Gewohnheit Abstand zu nehmen.

Die haben jedoch noch drei andere Optionen mit den Auswirkungen der EU-Richtlinie umzugehen. Die erste davon ist, sich an die Bilder zu gewöhnen, wie man sich an Wahlplakate oder andere Werbung gewöhnt, die viele Menschen mit der Zeit gar nicht mehr bewusst wahrnehmen.

Etuihersteller hoffen auf Boom

Auf eine zweite Option hoffen die Hersteller von Zigarettenetuis, die seit den 1970er Jahren nur mehr einen Nischenmarkt bedienen und nun einen noch deutlicheren Aufschwung erleben könnten als die von Hosenträgern und Hüten: Die Boom-Hoffnungen gründen sich dem Augsburger Unternehmer Peter Hauser nach nicht nur auf die Wirkung der Schockbilder auf die Raucher selbst, sondern mehr noch auf die Rücksichtnahme auf Kinder, Freunde, Kollegen und Geschäftspartner, die an den Anblick weniger gewohnt sind. Vor allem Ehefrauen und Mütter könnten seiner Ansicht nach darauf drängen, dass sich ihre Männer ein Etui anschaffen, in das sie ihre Zigaretten umfüllen. Einige Hersteller bieten deshalb sogar individuelle Zigarettenetuis mit Familien- statt Schockfotos an.

Das Angebot an solchen Etuis reicht von der schmucklosen Plastikschachtel über das zehn Euro teure Manufactum-Produkt und Exemplare aus Gold und Platin bis hin zum alten Kunstgegenstand, der zu Preisen gehandelt wird, die dem gesundheitlichen Risiko beim Alltagseinsatz ein finanzielles hinzufügen.

Eine Alternative dazu bietet seit dieser Woche das Netzwerk Rauchen an, eine "Vereinigung für freien Tabakgenuss". Sie verschickt gegen eine Spende in Höhe von fünf Euro "Ekelschutz-Aufkleber", mit denen Raucher die EU-Schockbilder auf ihren Tabakverpackungen und Zigarettenschachteln unsichtbar machen können. Für Zigarettenpackungen gibt es fünf verschiedene Motive, für Tabakdosen zwei, die in drei verschiedenen Größen erhältlich sind.

Für die Schockfotos auf den Packungen bietet der Raucherverein außerdem ein Sammelalbum an, in das man sie einkleben kann - wie früher die zeitgeistigen Zigarettensammelbilder mit Uniformen, Kolonien, Sportlern, Schauspielern, Tieren und Märchen.

Mentholzigaretten ab 2020 verboten

Nach der Schockbilderpflicht soll dem Willen der EU nach in vier Jahren der nächste Angriff im Kampf gegen das Rauchen folgen: Dann werden neben Kino- und Plakatwerbung für Tabakprodukte auch Mentholzigaretten, die unter anderem Helmut Schmidt rauchte, europaweit verboten. Dieses Verbot, gegen das die polnische Regierung klagte, hat der EuGH bereits genehmigt. Das Netzwerk Rauchen rät unter anderem deshalb zu "Hamsterkäufen" und gibt Tipps "zur optimalen Lagerung von Tabak und zur Haltbarkeit von Zigaretten und losem Tabak".

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