Falschbeschuldigerin beschimpft Richter als "armselige, feige Frauenverächter"

OLG Frankfurt am Main. Foto: Frank C. Müller. CC BY-SA 4.0

Eine Ex-Geliebte, die eine Vergewaltigung durch einen bekannten Wettermoderator erfand, sieht sich nach einer Verurteilung zu Schadensersatz als Opfer

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Gestern urteilte der 18. Senat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in einer für nicht anfechtbar erklärten Entscheidung mit dem Aktenzeichen 18 U 5/14, dass die Ex-Geliebte des - so die Pressemitteilung - "bekannten Wettermoderators K." Schadenersatz für die Kosten von Gutachten leisten muss, weil sie diesen am 9. Februar 2010 zu Unrecht wegen Vergewaltigung anzeigte und behauptete, er habe "ihr ein Küchenmesser an den Hals gedrückt und [sie] unter Todesdrohungen zum Geschlechtsverkehr gezwungen". Das Amtsgericht Mannheim ließ K. wegen dieser Behauptungen vom 20. März 2010 bis zum 29. Juli 2010 in Untersuchungshaft nehmen. Im anschließenden Strafverfahren wurde der Wettermoderator freigesprochen.

Im Rahmen seines Haftbeschwerdeverfahren hatte K. mehrere Sachverständige beauftragt, die die von der Ex-Geliebten vorgezeigten Verletzungen untersuchten und deren Glaubwürdigkeit entkräften konnten. Dafür - und für Zinsen - machte er in einem Zivilprozess Auslagen in Höhe von zuletzt 7.100 € geltend. Die erste Instanz, das Landgericht Frankfurt am Main, erkannte zwar an, dass die Ex-Geliebte K. durch ihre Anzeige der Freiheit beraubte, zweifelte jedoch daran, "dass es sich um eine wahrheitswidrige Anzeige handelte" - die "Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch wegen Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft". Dabei berief sich das Landgericht auf die Möglichkeit "nicht-intentionaler Verfälschungs- und Verzerrungseffekte": Diese könnten dazu geführt haben, dass die Ex-Geliebte "subjektiv der festen Überzeugung gewesen sei, Opfer einer Vergewaltigung gewesen zu sein, obwohl dies objektiv nicht der Fall war."

Verletzungen selbst zugefügt

Die nächste Instanz, das OLG, nahm eine zusätzliche Beweisaufnahme mit dem Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Frankfurt am Main vor, die "die Behauptung K.s bestätigte, die Beklagte habe sich die festgestellten Verletzungen selbst zugefügt". "Die Schilderungen der Beklagten zum angeblichen Vergewaltigungsgeschehen" lassen sich dem Gericht nach "nicht mit den Verletzungen in Übereinstimmung bringen". Weil auch ihre Aussagen "für sich genommen erhebliche Plausibilitätsdefizite aufweisen" und weil sie im Ermittlungsverfahren "unstreitig teilweise falsch aussagte" habe sie "auch mit direktem Vorsatz gehandelt" - es sei ihr sogar "gerade darauf angekommen, die Verhaftung des K. herbeizuführen". Eine eingebildete und subjektiv geglaubte Vergewaltigung sei nicht nur "spekulativ", sondern "ausgeschlossen", weil sich die Beklagte "nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme […] die Verletzungen selbst zufügte".

K. ließ nach dem Urteil erklären, er habe mit der Entscheidung sein "Vertrauen in die deutsche Justiz zurückbekommen" und sei "sehr dankbar für dieses Urteil", mit dem "Restzweifel" ausgeräumt worden seien und mit dem bestätigt werde, dass er kein Täter, sondern "Opfer eines Verbrechens" war. Urteile gegen Falschbeschuldiger sind seiner Ansicht nach auch deshalb wichtig, weil erfundene Vergewaltigungen "eine Verhöhnung von echten Vergewaltigungsopfern" seien und deren Glaubwürdigkeit untergrüben.

Die Ex-Geliebte reagierte - so der Eindruck des Lawbloggers Udo Vetter - "weniger sachlich auf das Urteil": Sie soll die Entscheidung als "katastrophales Fehlurteil" und die Richter als "armselige, feige Frauenverächter" angegriffen haben. Als Ursache des "Justizskandals" sieht sie einen "rein männlich besetzen Senat", der "uns [sic] Frauen stumm schalten" wolle.

Täter-Opfer-Umkehr

Damit bedient sie sich einer Täter-Opfer-Umkehr, die man aus den Reaktionen von Fans und Laienverteidigern der Reality-TV-Darstellerin Gina-Lisa Lohfink kennt: Hier wurde teilweise sogar gefordert, "rechtsstaatliche Grundprinzipien über Bord zu werfen und auch Unschuldige einzusperren, solange das nur die eigene gesellschaftspolitische Agenda voranzubringen verspricht". Da schimmert der Ansicht des Bloggers Bernhard Torsch nach "die alte Krankheit durch, die immer wieder alle möglichen politischen Bewegungen heimgesucht hat, tragischerweise gerade auch linke, nämlich die Bereitschaft zur Inhumanität im Namen der guten Sache". Das illustriert er mit einem Aphorismus von Karl Kraus, der diesen Effekt 1909 in dem Satz auf den Punkt brachte: "Das Übel gedeiht nie besser, als wenn ein Ideal davorsteht."

Das von den Laienverteidigern von Lohfink eingeforderte "Recht, selber zu definieren, wann ein Sexualakt eine Vergewaltigung ist", anstatt diese Definition an objektiv überprüfbare Kriterien zu koppeln und Parlamenten und Richtern zu überlassen, hätte nicht nur keine Grundlage in der Verfassung, sondern würde im Bereich der Sexualität auch zu Willkür führen, die deutlicher wird, wenn man sich die Forderung in anderen Rechtsbereichen vorstellt: Dann könnte beispielsweise ein Hausbesitzer Mieter einfach zu illegalen Hausbesetzern erklären und räumen lassen, wenn er sich gerade danach fühlt - oder die Bahn alle Fahrgäste eines Zuges zu Schwarzfahrern.