Das System der illegalen Steuerfreiheit - oder Steuerhinterziehung-Deluxe

Verteidigungsstrategien, Ermittlungsdefizite und Steuerhaftung der Finanzhäuser

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Die Abteilungen für "Steuergestaltungs-Akrobatik" der in- und ausländischen Finanzhäuser bieten ihren Kunden üblicherweise bis in die Gegenwart rechtliche und steuerliche Beratung an, bisweilen über Mutter- oder Tochtergesellschaften im In- und Ausland. Über Risiken und Nebenwirkungen dieser Modelle nach Kochbuchrezept werden die Kunden hingegen nicht aufgeklärt - mangels sachgemäßer Prüfung ergibt sich dann oft später der Verdacht der Steuerhinterziehung.

Darlehenstricks für Prominente und Industrielle

Prominenten wird verraten, daß die Überweisung eines Darlehens beispielsweise zum Hauskauf steuerfrei ist (auch wenn die Quelle unversteuert war). Selbstverständlich kommt das Darlehen dann vielfach von einem guten Freund oder über jenen Treuhänder, der bereits seit Jahren das eigene Vermögen "off-shore" verwaltet hat.

Solche Darlehen werden bisweilen rein zufällig im zeitlichen Zusammenhang mit beispielsweise Auftragsvergaben geleistet, oder jemand bürgt für Millionen, damit es keinen sofort erkennbaren Geldeingang gibt, den man in einen Zusammenhang mit einem "steuerfreien" Beratervertrag oder einer sonstigen Gefälligkeit für das Zuschanzen von Aufträgen sehen müsste.

Auch ein Policendarlehen aus Liechtenstein bietet nur dann entsprechende steuerliche Vorteile gegenüber einer teils steuerpflichtigen Teilentnahme des Lebensversicherungskapitals selbst, wenn die Frage des Finanzamtes nach dem Herkunft des Lebensversicherungskapitals nicht beunruhigen wird.

Steuergestaltungs-Akrobatik vom Fließband

In gewissen Kreisen ist es offenbar möglich, daß es einen Geld- und Wirtschaftskreislauf außerhalb der offiziellen Bücher gibt. Aus der Sicht von Finanzhäusern geht es vor allem darum, dass solches Vermögen im eigenen Hause bleibt, denn bis zu mehr als dem Doppelten an Spesen und Gebühren akzeptieren solche vorläufig faktisch steuerbefreite Kunden. Diese werden natürlich animiert, etwa ihre Kontoauszüge und Versicherungsscheine im Finanzhaus lagern zu lassen - man könne sie ja einsehen und sodann gleich im Finanzhaus vernichten, damit nichts aufkommen könne.

Entschließen sich solche Kunden zur Selbstanzeige, inzwischen auf Drängen ausgewählter Finanzhäuser, werden für den Zweitausdruck der Aufstellung steuerlicher Erträge für das Finanzamt gut und gerne bis zu mehr als 400 Euro je Steuerjahr berechnet. Kommt der Kunde auf die Idee, das Land der Steueroase und damit auch die Bank zu wechseln, wird er im schlimmsten Fall mit einer Anzeige beim Heimatfinanzamt bedroht. Manche Bank kann dabei auch erst jetzt erkennen, dass sie es mit einem Steuerhinterzieher zu tun hat und will daher nun keinesfalls mehr wissentlich dadurch Beihilfe zur Steuerhinterziehung leisten, dass sie das Schwarzgeld aus dem eigenen Haus in eine andere Steueroase entlässt.

Vorsatz der Finanzhäuser und allenfalls Fahrlässigkeit der Kunden?

Typischerweise wird dem Kunden der Finanzhäuser von Behörden unterstellt, daß er absichtlich gehandelt habe - nach einem Geständnis tut man sich dann leichter, den bewährten Weg einer Verurteilung der Mitarbeiter des Finanzhauses wegen Beihilfe umzusetzen. Dies wird jedoch regelmäßig nur gelingen, wenn der Berater sicher wusste, daß er damit die Hinterziehung seines erkennbar tatgeneigten Kunden fördert. Bei Tatverdacht hilft womöglich die Festsetzung vormals durch die Lande ziehender Finanzberater ausländischer Kreditinstitute. Damit befinden sich diese dann in Untersuchungshaft, als legale Form der Geiselnahme zu gesteigerter Kooperationsbereitschaft - ein fehlender Wohnsitz in Deutschland und damit Fluchtgefahr sind gute Haftgründe.

Ziel ist dann nach dem Muster frühneuzeitlicher Hexenprozesse die Nennung immer weiterer Namen von Beteiligten und die Erreichung von Geständnissen. Ein typisches Indiz für Steuerhinterziehung wären vielleicht der Bargeldtransfer im Koffer mit dem "Schwarzgeld-Express" über die Grenze oder der anonyme Transfer von Wertpapieren von einem Land in ein anderes. Mancher interne Revisionsbericht der Bank wie im Fall Mollath oder ebenso geheime Sonderprüfungsberichte der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bilden derartige Geschäftsmodelle als ständig gelebte Praxis ab.