Solarmarkt Indien: USA beschweren sich beim WTO über Diskriminierung ihrer Unternehmen

Wie wichtig ist der Schutz der einheimischer Produzenten für Innovationen bei der sauberen Energiegewinnung?

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die USA klagen bei der WTO gegen Indien. Es geht um den indischen Boommarkt für die Solarindustrie. Der Streit wird darüber geführt, wie sehr Indien eigene Unternehmen bevorzugen darf. Der Vorwurf aus den USA lautet Protektionismus. Kritiker halten dem entgegen, dass die USA durch den Weg über die Welthandelsorganisation wichtige Entwicklungen im Land bremst, von denen die weltweite Klimapolitik profitieren könnte.

Was auf dem Spiel steht, so heißt es aufseiten der Kritiker am amerikanischen Vorgehen, sei der große Schritt, den Indien mit seiner Energiewende vorhabe, den Übergang von einer Energieversorgung, die mehr und mehr auf Kohlekraftwerke verzichte und stattdessen auf ein ambitioniertes Solarprogramm setze.

Das Regierungsprogramm, die "Jawaharlal Nehru Solar Mission" (JNNSM), wurde Ende 2009 mit ehrgeizigen Zielen angekündigt. Man wolle im Bereich der Solarenergie eine weltweite Spitzenposition einnehmen, versprach der bis heute amtierende Regierungschef Manmohan Singh. Anvisiert wurde eine Sonnenstrom-Produktion bis zum Jahr 2022 von 20.000 Megawatt - und die Förderung eigener Unternehmen: "Das neue Solarenergie-Programm der Regierung kann Indien zu einer führenden Kraft in den Bereichen Stromerzeugung und Technologie machen", wurde Singh zitiert.

Die Voraussetzungen dafür seien ideal, bekräftigten Marktanalysten im Jahr 2012: 250 bis 300 Sonnentage jährlich; täglich 4 bis 7 kWh Sonneneinstrahlung pro Quadratmeter, dazu genügend Platz: Allein 1 Prozent der Fläche Indiens reiche aus, um den prognostizierten Strombedarf mit dem Photovoltaik-Ausbau bis 2031 "komplett zu bewältigen".

Ende letzten Jahres sah der Zwischenstand den neuen Solar-Champion zwar laut Weltbank noch immer "auf dem Weg zu einem der weltweit führenden Anwender von Solarenergie", aber zugleich wurde darauf hingewiesen, dass der Weg, bis die Sonnenenergie einen wichtigen Beitrag zur Versorgung liefern kann, noch sehr lang sei:

Bisher ist der Ausbau in Indien allerdings im Vergleich zu einigen europäischen Ländern oder auch China bescheiden. Rund 2000 Megawatt (MW) gibt es bisher, was der Leistung von zweieinhalb großen Kohlekraftwerken entspricht. Um allerdings auch die gleiche Menge Strom wie diese liefern zu können, müssten in Indien eher 6000 MW installiert werden. ...Auch das offizielle Ausbauziel von 22.000 MW (22 Gigawatt) bis 2022 ist eher klein im Vergleich mit den gut 35 GW, die bereits in Deutschland installiert sind, oder dem 35-GW-Ausbauziel, das China sich für 2015 gesetzt hat.

Dazu kommt, dass die Preise für Solarmodule aus Indien seit fünf Jahren stark gesunken seien und nur mehr ein Fünftel des früheren Preises betragen - keine guten Situation für die indischen Produzenten. Um die geht es im Streit zwischen den USA und Indien.

Für die Phase II des Solarprogrammes, die angesichts der obigen Darstellung ein bescheidenes Ziel verfolgt - zusätzliche 750 MW - lobt die indische Regierung einen Bieterwettbewerb aus, bei dem man mit 360 Millionen Dollar staatlicher Zuschüsse in Form von Förderprogrammen lockt. Bislang sollen sich 68 Investoren aus aller Welt für den Wettbewerb gemeldet haben.

Der Stein des Anstoßes für die USA liegt nun darin, dass Indien, um eigene Unternehmer zu fördern, vorhat, dass die Hälfe der anvisierten Leistung, 375 Megawatt, aus Solarzellen- und -Modulen geliefert werden soll, die "made in India" sind. Für Vertreter der US-amerikanischen Handelsvertreter, die sich in Indien einen Marktplatz sichern wollen, ist dies "Diskriminierung".

Die Forderungen, die von der indischen Regierung für Gebote der Phase II aufgestellt werden, würden gegen Regelungen verstoßen, die im Rahmen der WTO-Vereinbarungen gelten, namentlich Artikel III des GATT-Abkommens (Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen) sowie gegen Vereinbarungen des TRIMS. Kurz: die einheimischen Hersteller würden auf unlautere Weise bevorzugt. Es stünden 10.000 Arbeitsplätze in den USA auf dem Spiel, moniert der US-Vertreter Mike Froman, weswegen man Beschwerde vor der WTO einlege.

Wohl angesichts dessen, dass die USA auf eine starke Lobby in der WTO zählen kann, machen Kritiker geltend, dass solche Schritte die Innovation auf dem Energiesektor unterbinden würden, die käme oft von kleineren Unternehmen im Land durch den Wettbewerb auf dem Binnenmarkt, so ihr Argument. Wenn die heimischen Regierungen nicht eigene Industrien fördern könnten, bzw. ihnen durch große Markt-Player derartige enge Grenzen aufgezogen werden, dann würde der globale Kampf für eine bessere Energieversorgung mit unnötigen Hemmnissen erschwert.