Hausdurchsuchungswelle bei Nichtsportlern?

Der vom bayerischen Justizminister Winfried Bausback vorgelegte Gesetzentwurf zur Strafverfolgung von Doping ist sehr unbestimmt formuliert

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Der bayerische Justizminister Winfried Bausback hat dem Bundestag einen Entwurf für ein neues "Gesetz zum Schutz der Integrität des Sports" vorgelegt. Mit ihm soll "den Strafverfolgungsbehörden ein gesetzliches Instrumentarium zur Verfügung gestellt, das zum Schutze der Gesundheit und des sportlichen Wettkampfs eine effektive und schlagkräftige Verfolgung von Doping und Korruption im Sport gewährleistet".

Neben einem neuen Straftatbestand des Dopingbetruges, "der auch Doping außerhalb des Wettkampfs erfasst", einer "Strafbarkeit der Anwendung von Dopingmethoden ohne Einschränkung auf die Verwendung von Stoffen", einer "Erhöhung des Strafrahmens für Dopingvergehen auf Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren" und "umfassende[n] Strafvorschriften gegen den Vertrieb und die Abgabe sowie gegen den Erwerb und das Sichverschaffen von Dopingmitteln" möchte Bausback auch eine "uneingeschränkte Strafbarkeit jeglichen Besitzes von Dopingmitteln und Dopingwirkstoffen zu Dopingzwecken im Sport" erwirken.

Das ist unter anderem deshalb problematisch, weil man unter "Doping" viel verstehen kann: Dies zeigt sich schon daran, dass Leistungssportler positive Tests häufig mit der Einnahme von Medikamenten, Nahrungsergänzungsstoffen oder Energieriegeln erklären. Wenn der Besitz von Dopingmitteln als Straftat verfolgt werden kann, wären Millionen von Nichtsportlern einem stark erhöhten Risiko von Hausdurchsuchungen ausgesetzt, wenn sie ein gar nicht für sportliche Ziele eingesetztes Medikament oder einen Energieriegel im falschen Internet-Shop kaufen.

Ein Besitzverbot ist auch deshalb problematisch, weil die als Dopingmittel eingestuften Stoffe in einer Anlage zum Gesetz aufgelistet werden sollen, die durch einfache Rechtsverordnungen des Bundesgesundheitsministeriums laufend erweitert werden darf. Das wird wahrscheinlich dazu führen, dass außerhalb des professionellen Leistungssports kaum jemand einen Überblick darüber hat, was aktuell als Dopingmittel gewertet wird – und was nicht.

Weil der Besitz dieser Substanzen nicht etwa nur professionellen Sportlern, sondern pauschal "zu Dopingzwecken im Sport" verboten werden soll, drohen die Freiheits- und Geldstrafen, die der Gesetzentwurf vorsieht, auch Personen, die lediglich ein paar Turnschuhe oder ein Fitnessgerät zuhause und ansonsten mit Sport nicht viel am Hut haben. In der Vergangenheit zeigte sich immer wieder, dass es Richter und Staatsanwälte gibt, die bereits sind, solche in Gesetzesformulierungen gelassenen Spielräume auszuschöpfen und beispielsweise auch durchgestrichene Hakenkreuze als verbotenes nationalsozialistisches Symbolgut zu bestrafen.

Wird Bausbacks Gesetz in seiner derzeitigen Form vom Bundestag verabschiedet, ist fraglich, ob es einer Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht standhält: Der Sport, dessen "Integrität" geschützt werden soll, ist – zumindest bislang – noch nicht einmal als Staatsziel im Grundgesetz aufgeführt. Trotzdem sollen dafür die "Möglichkeiten der Überwachung des Telekommunikationsverkehrs ausgebaut" und Grundrechte eingeschränkt werden.

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