Putin gegen Referendum in der Ostukraine

OSZE-Chef Burkhalter legt "Friedensfahrplan" vor

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Der russische Präsident Putin traf sich heute im Kreml mit OSZE-Chef Didier Burkhalter. Burkhalter hatte zuvor erklärt, dass er auf eine "friedliche Lösung im Ukrainekonflikt pochen" werde. Beim Handshake mit seinem russischen Amtskollegen lächelte der Schweizer Präsident etwas verkniffen. Immerhin erbrachte das Treffen zwei Deeskalations-Aussagen von Putin. Dass damit tatsächlich "Bewegung in die verfahrene Lage in der Ukraine gebracht" wurde, wie der Schweizer Tagesanzeiger berichtet, ist eher Ausdruck eines Wunsches als der Wirklichkeit.

"Wir rufen die Repräsentanten im Südosten der Ukraine dazu auf, das Referendum zu verschieben, um die notwendigen Bedingungen für einen Dialog zu schaffen", wird Putin dort zitiert. Auch RIA Novosti berichtet darüber; wie auch davon, dass der Rat der selbstproklamierten "Donezker Volksrepublik" ankündigte, den Vorschlag zu erörtern - aus Respekt gegenüber der Position Putins. Tatsächlich dürfte ein Referendum, das politisches Gewicht über eine breite Legitimierung bekommt, derzeit auch schwer durchzuführen sein.

Putin wies auf der Pressekonferenz auch daraufhin, dass Russland seine Truppen von der ukrainischen Ostgrenze abgezogen habe. Die Nato bestreitet dies bekanntlich. Doch ließ der Nato-Generalsekretär Rasmussen gegenüber der Frankfurter Sonntagszeitung deutlich erkennen, dass das Bündnis seinerseits großen Wert auf eine militärische Präsenz in der Region legt.

Rasmussen betonte im Interview, dass er der Auffassung ist, "dass wir mehr Sichtbarkeit der Nato auf unserem gesamten Territorium brauchen". Man werde nicht zögern, mehr zu tun, als Manöver abzuhalten, "wenn es für unsere gemeinsame Verteidigung erforderlich ist". Deeskalierende Worte?

Ria Nowosti stellt noch eine andere Forderung Putins aus dem gemeinsamen Treffen mit dem OSZE-Chef Didier Burkhalter heraus:

Wir appellieren an die Kiewer Behörden mit der inständigen Aufforderung, sämtliche militärischen und Strafaktionen im Südosten der Ukraine zu beenden.

Ukrainischer Präsidentschaftskandidat Poroschenko: "Geisteskranke Terroristen"

Auch dazu gab es Gegenpositionen. Geäußert wurde sie, in einer bemerkenswerten Weise, von einem Berlin-Besucher, dem milliardenschweren Präsidentschaftskandidaten Petro Poroschenko, der heute von Kanzlerin Merkel und Außenminister Steinmeier empfangen wurde (hat man dort auch mal mit Vertretern der föderalistischen Regionalisten gesprochen?).

Poroschenko gab nach einem Bericht des Magazin Spiegel im Vorfeld der Berliner Gespräche wieder, was als Hassrhetorik die Bewohner in der Ostukraine das Fürchten lehrt, die Gleichsetzung von "Separatisten" mit "Terroristen".

Die ukrainische Führung sei zu keinen Verhandlungen mit "Terroristen" bereit, stellte der schwerreiche Unternehmer klar. "Das sind ganz einfach Terroristen. Manche von ihnen sind geisteskrank."

Nach seiner politischen Überzeugung sei erforderlich, für Terroristen eine Sprache zu finden, "die sie verstehen". Dafür hat er ein Schlüsselwort, das man weltweit aus Konflikten, die sich in einer ständigen Eskalationsspirale befinden, gut kennt: "Druck". Auch die dazugehörigen Floskeln der Zielbeschreibung sind bekannt :

Es ist unser oberstes Ziel, Recht und Ordnung wiederherzustellen.

Anscheinend wusste Poroschenko noch nichts von Putins Äußerung. Präventiv forderte er vom Westen neue Sanktionen: "Wenn Russland dieses Referendum unterstützt, brauchen wir unbedingt eine abgestimmte Antwort über eine dritte Welle von Sanktionen."

Aufbau von "Partisanen-Trainingslager"

Er sei nicht so zuversichtlich, sagte Burkhalter später gegenüber dem Schweizer Fernsehen, was sein gequältes Lächeln beim Pressefototermin erklärt. "Hält die Gewalt an, wird es in der Ukraine in zwei Wochen nicht zu Wahlen kommen."

Die Aussichten für Burkhalters "Friedensfahrplan" stehen nicht gut. Vier Punkte fordert sein Plan: "Waffenstillstand, Entwaffnung der Separatisten, Dialog und Präsidentschaftswahlen". Berichte künden indessen von gegenläufigen Entwicklungen, etwa dem Aufbau von Trainingslagern für "Partisanen", die, so das amerikanische Magazin Politico, auf den "irregulären Kampf gegen Russen" vorbereiten. Von wem werden solche Trainingslager finanziert?