Anti-Terror-Paragraf 89a muss einschränkend ausgelegt werden

Der Bundesgerichtshof verweist den Fall eines afghanischstämmingen Maschinenbaustudenten, der in seinem Mixer Sprengstoff herstellen wollte, an das Landgericht zurück

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Das Herstellen von Sprengstoff ist keine ganz ungefährliche und manchmal auch keine ganz triviale Sache. Manche Möchtegernterroristen, die nicht die Allerhellsten sind, fallen deshalb einer Art immanenten Sicherheitsschranke zum Opfer und werden schon zerrissen, bevor sie anderen Menschen Schaden zufügen können. Andere tragen nur Verletzungen davon und müssen sich dann nach § 308 des Strafgesetzbuchs wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion verantworten.

Seit 2009 gibt es noch einen weiteren Paragrafen, nach dem solche Verbrecher eventuell verurteilt werden können: 89a StGB, der die "Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat" mit Freiheitsentzug von bis zu zehn Jahren bedroht. Auf ihn griff das Landgericht Frankfurter am Main zurück, als es am 27. Februar 2013 einen Siebenundzwanzigjährigen zu drei Jahren Haft verurteilte (Aktenzeichen 5/30 KLs - 6120 Js 208420/11 8/12).

Der Salafist afghanischer Abstammung hegte "Hass- und Rachegefühle gegen die westliche Welt" und hatte online gelesen, dass sich mit Teilen von Feuerwerkskörpern und Streichholzköpfen Rohrbomben bauen lassen. Als der die Zutaten im Januar 2011 in seinen Küchenmixer gab und zerkleinern wollte, setzte er seine Wohnung in Brand und zog sich selbst schwere Verletzungen zu.

Küchenmixer. Foto: Chris 73 / Wikimedia Commons. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Sein Anwalt stellte sich nach der Verurteilung auf den Standpunkt, 89a StGB sei verfassungswidrig und zog vor den Bundesgerichtshof. Der machte gestern "mit Blick auf den weiten Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers" zwar "gewichtige Bedenken" gegen die "weite Fassung des objektiven Tatbestands" und die "Vorverlagerung der Strafbarkeit" geltend, entschied aber letztlich, dass die neue Norm bei verfassungskonformer Auslegung noch verhältnismäßig und ausreichend bestimmt ist (Aktenzeichen 3 StR 243/13).

Deshalb legte er den Fall nicht dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor, sondern verwies ihn an das Frankfurter Landgericht zurück. Das muss die Norm bei seiner erneuten Verhandlung des Falls nun "einschränkend auslegen", damit elementare Verfassungsgrundsätze wie das Tatstrafrechts und das Schuldprinzips gewahrt bleiben. Konkret muss es dafür unter anderem klären, ob der derzeit in Untersuchungshaft befindliche Salafist die "schwere staatsgefährdende Gewalttat [,] in der Öffentlichkeit [eine Rohrbombe] zum Einsatz zu bringen [und] dadurch eine unbestimmte Anzahl von Menschen zu töten", bloß "billigend in Kauf nahm", oder ob er "bereits fest entschlossen [war], später [einen Terroranschlag] zu begehen". Nur wenn letzteres der Fall sein sollte, ist nicht nur der der Tatbestand des § 308 StGB, sondern auch der des § 89a erfüllt.

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