Poroschenko verlängert den Waffenstillstand um 72 Stunden

Die Separatisten stimmen zu, aber absehbar ist, dass damit wenig gewonnen ist

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Nach seiner Rückkehr aus Brüssel, wo der ukrainische Präsident den zweiten Teil des Assoziierungsabkommens mit der EU unterzeichnet und Unterstützung für seinen "Friedensplan" gefunden hat, fand ein Treffen mit den Chefs der Sicherheitskräfte statt. Um 22 Uhr ukrainischer Zeit war der einseitig verordnete Waffenstillstand abgelaufen.

Bild: novorossia.su

Erfolg hatte der kurze, von beiden Seiten durchbrochene Waffenstillstand keinen, von rechtsnationalistischer Seite wie etwa von der Swoboda-Partei war Kritik am Waffenstillstand und vor allem an den ersten Gesprächen mit den Separatisten laut geworden. Allerdings hatten sich kurzfristig die Separatisten, wohl gedrängt durch Moskau, am Waffenstillstand beteiligt, um ihn gleich wieder aufzukündigen (Ukraine: Der Waffenstillstand endet).

Poroschenko und andere Vertreter der Regierung hatten eine scharfe Reaktion angedroht, falls die Frist abläuft und die Separatisten ihre Waffen nicht niedergelegt haben. Was ohne Verhandlungen über die genaueren Bedingungen auch nicht zu erwarten war. Poroschenko scheint nun aber auch unter Druck seitens der EU zu stehen, weiter auf eine friedliche Lösung zu setzen, zumal Moskau zumindest vorgibt, den Waffenstillstand zu unterstützen, aber auch gefordert hat, dass er verlängert werden müsste.

Offenbar hat sich nun Poroschenko gegen die Falken in der Regierung durchsetzen können. Heute Nacht beschloss der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat, den Waffenstillstand bis Montag, 22 Uhr, zu verlängern. Jetzt soll mit der Umsetzung des Friedensplans begonnen werden, was die Kontrolle der Grenze und die Überwachung des Waffenstillstands durch die OSZE einschließt. Das Rekrutieren von russischen Söldnern müsse beendet werde, die Errichtung von Befestigungen oder die Besetzung von Gebäuden müssen unterbleiben. Ansonsten wird die Waffenruhe in den Gebieten, in denen sie nicht eingehalten wird, von Seiten der ukrainischen Regierung aufgehoben.

Am Abend hatte auch ein zweites Treffen mit Vertretern der ukrainischen Regierung und der Separatisten unter OSZE-Leitung und mit dem russischen Botschafter gestern stattgefunden. Die Milizen der beiden "Volksrepubliken" haben sich bereit erklärt, wie der Alexander Borodaj, der Führer der "Volksrepublik Donezk" erklärt, den Waffenstillstand um 72 Stunden zu verlängern., nachdem Poroschenko dies seinerseits beschlossen hat. Beschlossen wurde zudem, so berichtet die Nachrichtenagentur Ria Novosti, Listen der Gefangenen zu erstellen, um einen Austausch vorzubereiten. Zudem sollen OSZE-Beobachter in die umkämpften Gebiete eingeladen werden. Gestern erst waren vier in Donezk Ende Mai gefangenen OSZE-Beobachtern wieder freigelassen worden. Weitere vier, die in Lugansk festgehalten werden, sind weiter in Gefangenschaft.

Weder Kiew noch die Separatisten wollen von Verhandlungen sprechen. Für Kiew ist die Vorbedingung die Niederlegung der Waffen, für die Separatisten der Abzug der ukrainischen Truppen und Milizen. Man habe auch die Kontrolle von Teilen der Grenze zu Russland nicht aufgegeben. Das alles sieht demnach aus, dass auch drei Tage mehr keine Kehrtwende bringen werden, sondern deutlich mehr Zeit benötigt wird. Aber Poroschenko steht unter Druck, auch weil er es selbst versprochen hat, den Konflikt möglichst schnell zu beenden und die Ordnung wiederherzustellen. Schiebt er kompromisslerisch nur zu kurz angesetzte Termine immer weiter hinaus, wird das die Situation in der West- und Ostukraine nicht beruhigen, sondern die Ungewissheit stärken. Richtig ist aber wohl, nicht massive militärische Gewalt einzusetzen, damit würde der Konflikt erst recht vertieft, auch wenn Kiew die Separatisten niederschlagen könnte.