Grünes Licht für "Killermaschinen"

Mit ihrer Entscheidung zu bewaffneten Drohnen hat die Verteidigungsministerin eine große Chance vertan

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Er wolle nicht "der Robotik das Wort reden", sagte Generalleutnant Fritz bei der Anhörung des Verteidigungsausschusses zum Thema Drohnen am Montag. Damit steht er nicht allein. Das R-Wort ist im Verteidigungsministerium generell verpönt, da es leicht Vorstellungen von "autonomen Killerdrohnen" erzeugen kann. Um die soll es, so Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, ausdrücklich nicht gehen. Sie tritt sogar für eine internationale Ächtung autonomer Waffensysteme ein.

Mit ihrer Entscheidung zur Beschaffung einer bewaffnungsfähigen Drohne der Predator-Klasse ebnet sie aber genau solchen Systemen den Weg. Denn auch wenn dies noch keine besonders intelligenten Roboter sind, markieren sie doch bereits eine deutliche Beschleunigung der "sensor-to-shooter kill chain", der Kommandokette von der Zielerfassung bis zum Abfeuern der Waffe. Bei der CL-289, die die Bundeswehr Mitte der 1990er-Jahre über dem Balkan einsetzte und die mit chemischem Film arbeitete, dauerte das noch über eine Stunde. Mithilfe der unbewaffneten Predator konnte die Artillerie innerhalb von Minuten feuern. Bei der bewaffneten Predator verkürzt sich die Reaktionszeit auf Sekunden.

Die Ministerin will zudem auch eine eigene europäische Drohne entwickeln. Die vorliegenden Konzepte repräsentieren die nächste Generation der Flugroboter, die schneller fliegen, sich besser vor dem gegnerischen Radar verstecken und feindliche Stellungen angreifen können. Hier kommt die Fernsteuerung an ihre Grenzen. Ohne Assistenzfunktionen werden sich solche Systeme nicht steuern lassen. Und spätestens beim Kampf Drohne gegen Drohne kann nur der Computer an Bord entscheiden, wann er seine Waffe abfeuert.

Autonome Roboter werden kommen

Schnelligkeit und Feuerkraft sind die wichtigsten militärischen Parameter. Wer bewaffnete Roboter einsetzt, will, dass sie stärker und schneller sind als die des Gegners. Das geht irgendwann nur noch autonom.

Autonomie ist keine Komponente, die man beliebig hinzufügt oder auch weglässt. Sie wird nicht plötzlich eingeschaltet, sondern wächst im System. Derzeit findet das weniger bei den großen, hoch fliegenden Drohnen statt, sondern bei den kleinen zur Nahbereichserkundung. Die sollen sich im Inneren von Gebäuden auch ohne die Hilfe eines Operators zurechtfinden und verdächtige Gegenstände identifizieren. Und die Bediener von EOD-Robotern zur Untersuchung von Sprengfallen sind dankbar, wenn sie nicht jedes Gelenk des Roboterarms einzeln ansteuern müssen, sondern der Maschine einfach nur zeigen, wo sie hingreifen soll.

Roboter werden immer intelligenter. Auch bei zivilen Anwendungen geht die Entwicklung eindeutig in diese Richtung, bei Straßenfahrzeugen ebenso wie bei Produktionsassistenten oder Rettungsrobotern. Autonomie kommt so oder so. Unaufhaltsam.

Wer keine autonomen Waffensysteme haben will, muss daher bei den Waffen ansetzen. Denn autonome Systeme lassen sich nicht verhindern. Ihre Bewaffnung schon. Aber es reicht nicht aus, dies von Fall zu Fall dem Parlament zu überlassen, wie die Ministerin es vorschlägt. Solche Einzelfallentscheidungen werden unwirksam sein, nachdem die Lawine der waffentragenden Roboter einmal Schwung aufgenommen hat. Hier geht es vielmehr um eine grundlegende Entscheidung, eine Weichenstellung für die Zukunft. Mit dem offensiven Verzicht auf bewaffnete Drohnen könnte Deutschland ein Zeichen setzen, eine Vorreiterstellung in Richtung internationaler Entspannung einnehmen und die weltweite Debatte über Militärroboter vorantreiben.

"Wer das Löschfahrzeug erst beschafft, wenn die Scheune brennt, kommt zu spät", mahnte der Abgeordnete Henning Otte (CDU) gestern in der aktuellen Stunde des Bundestages. Das Bild beschreibt die Situation recht gut: Wer autonome Killerdrohnen erst zurückdrängen will, wenn sie vollgetankt auf der Startbahn stehen, kommt zu spät. Der aussichtsreichste Moment, sie zu verhindern, ist jetzt. Doch dazu bräuchte es ein Führungspersonal, das sich nicht scheut, das R-Wort in den Mund zu nehmen.

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